Unitymedia-Werber legen Flüchtlinge und Senioren rein
Der Vorwurf: Bei Haustürgeschäften in Mönchengladbach würde die mangelnde Sprachkenntnis von Flüchtlingen ausgenutzt.
Zuerst traf es vornehmlich Senioren, danach standen Flüchtlinge im Fokus von Unitymedia-Werbern, die mit „unlauteren“ Methoden unterwegs sind. Bei der Verbraucherberatung Mönchengladbach häufen sich Beschwerden, dass bei Haustürgeschäften ganz gezielt die mangelnden Sprachkenntnisse von Flüchtlingen und ausländischen Bürgern ausgenutzt werden, um Verträge abzuschließen. So sei einem Portugiesen beispielsweise erklärt worden, wegen einer Baustelle müssten Anschlüsse überprüft werden. Der Unitymedia-Werber habe sich die Überprüfung quittieren lassen. Und prompt habe der Portugiese einen Vertrag gehabt.
Sebastian Dreyer, Leiter der Verbraucherzentrale Gladbach
„Das ist im Oktober vergangenen Jahres geschehen“, berichtet Sebastian Dreyer, Leiter der Mönchengladbacher Verbraucherzentrale. Trotz sofortiger Beschwerde seien die Forderungen von Unitymedia zwischenzeitlich von einem Inkassobüro geltend gemacht worden. Mehrfach habe die Verbraucherberatung sich in diesem Fall schon an das Telekommunikationsunternehmen gewandt, versichert Dreyer. Aber nichts sei bisher passiert. Ein weiterer Verbraucher habe wegen einer nach seinen Angaben „erschlichenen“ Unterschrift Strafanzeige erstattet. Der Werber habe ihm angeblich für nur zehn Euro einen neuen Receiver verkaufen wollen, stattdessen habe auch er plötzlich monatliche Rechnungen bekommen. „In diesem Fall hat sich Unitymedia geweigert, den Vertrag von Beginn an für unwirksam zu erklären. Man wollte stattdessen Kulanz walten lassen und bot dem Kunden eine Stornierung im Rahmen einer Zufriedenheitsgarantie an“, berichtet Dreyer. Dies würde bedeuten, dass der Verbraucher „nur“ für zwei Monate den Vertrag zahlen soll, den er nie abgeschlossen hat. „Dies lehnt der Verbraucher aus nachvollziehbaren Gründen ab“, sagt der Leiter der Mönchengladbacher Verbraucherberatung. In einigen Fällen sind alle Verhandlungsversuche mit Unitymedia gescheitert, auch deshalb, weil die Rechtsabteilung telefonisch nicht zu erreichen sei. Dreyer: „Die Verbraucher werden nun in diesen Fällen unsere Rechtsanwälte einschalten.“
Unitymedia teilte zu den Vorwürfen mit: „Wir möchten betonen, dass Unitymedia großen Wert auf eine vollständige und verständliche Beratung legt. Dies stellen wir mit ständigen Schulungen unserer Vertriebsmitarbeiter sicher. Abweichungen von den Unitymedia-Vorgaben dulden wir in keiner Weise. Bei Hinweisen auf Fehlverhalten von Außendienstmitarbeitern oder Vertriebsagenturen haben wir Stellungnahmen von den Betreffenden eingeholt und sind je nach Fall entweder disziplinarisch oder juristisch gegen diese Mitarbeiter vorgegangen.“ Auch erklärt Unitymedia, dass alle von der Verbraucherzentrale gemeldeten Kunden „schadlos gestellt“ worden seien. Doch das bezieht sich anscheinend nur auf Senioren, die sich im Sommer vergangenen Jahres von Haustür-Werbern betrogen fühlten. Laut Verbraucherberatung hatten die Werber bei älteren Kabelkunden Ängste im Hinblick auf die Einstellung des analogen TV-Programms am 30. Juni 2017 geschürt und erklärt, dass neue Verträge notwendig seien.
Verbraucherschützer Dreyer dazu: „Bei der ersten Welle der Beschwerden, die vornehmlich Senioren betraf, war damals über den Kundenservice tatsächlich eine relativ kurzfristige Stornierung der Verträge möglich. Dies lag jedoch vor allem daran, dass in vielen Fällen noch vom Widerrufsrecht Gebrauch gemacht werden konnte.“