WZ-Interview mit Hajo Siemes (Bündnis-Grüne), Wahlkreis 49
Warum kandidieren Sie wieder?Ich kandidiere nach 2005 zum zweiten Mal für den Landtag, weil ich mit der Landespolitik vertraut bin. Aufgrund meiner kommunalpolitischen Tätigkeiten habe ich viele Kontakte zu Landespolitikern, ich arbeite in Landesarbeitsgemeinschaften der Grünen mit und bin zusätzlich als Delegierter in der Landesdelegiertenkonferenz und im Bezirksrat Niederrhein/Wupper stimmberechtigtes Mitglied.
In diesen Gremien werden regelmäßig landespolitische Themen behandelt.
Welche Koalitionspartner auf Landesebene können Sie sich grundsätzlich nach der Wahl vorstellen? Mit wem würden Sie keine Gespräche führen?
Ich kann mir eine Koalition mit der SPD gut vorstellen. Sie hat für mich oberste Priorität. Keine Gespräche würde ich mit den rechtsradikalen Parteien führen.
Wie schätzen Sie Ihren Bekanntheitsgrad ein?
Durch meine schon über zwanzigjährige kommunalpolitische Tätigkeit hier in Mönchengladbach ist mein Bekanntheitsgrad in Mönchengladbach relativ hoch. Außerdem kennen mich viele Menschen als Sozialarbeiter und Stadtteilarbeiter der kirchlichen Jugendarbeit in verschieden Stadtteilen der Stadt, in denen ich tätig war.
Was halten Sie für Ihren größten Erfolg in der vergangenen Legislaturperiode/Ihrer politischen Arbeit bisher? Was hätten Sie besser machen können bzw. müssen?
Den größten Erfolg meiner kommunalpolitischen Tätigkeit hier in Mönchengladbach in den letzten Jahren, sehe ich darin, dass wir durch unsere bürgernahe Politik in Zusammenarbeit mit Initiativen und Verbänden, verschiedene Anliegen der BürgerInnen mitgetragen, unterstützt und erfolgreich zum Abschluss gebracht haben. Ich denke hier besonders an das "Nein zur L 19 entlang der Niers" und an das Projekt "Giesenkirchen 2015". Diese bürgernahe Politik hat schließlich auch dazu geführt, dass nach über 50 Jahren zum ersten Male die CDU in der Stadt nicht mehr in der "Regierungsverantwortung" ist.
Bedauerlich ist die Tatsache, dass die bisher zehn Bezirke auf nun vier reduziert wurden. Leider fehlte uns die Mehrheit, um dies zu verhindern. Die jetzigen großen Bezirke bergen die Gefahr in sich, dass die Bürgernähe darunter leiden kann und der intensive Austausch, wie wir ihn bisher praktizieren konnten, darunter leidet.
Wie sehen Sie das: Ist es schwierig, ausgerechnet für die Stadt Mönchengladbach im Landtag zu sitzen?
Wenn ich in den Landtag einziehe, werde ich auch die Interessen der Stadt vertreten. Da bin ich dann immer auch in der Konkurrenz zu den anderen Städten und Kommunen. Einen von vorne herein gegebenen Nachteil für Mönchengladbach kann ich nicht erkennen. Es kommt auch dabei auf die handelnden Personen an.
Wenn ein Bürger Sie im Straßenwahlkampf nach Ihren politischen Zielen fragt, was sagen Sie, wofür Sie und ihre Partei im Land stehen, wenn sie es in nur drei Sätzen sagen können?
Wir wollen konsequenten Klimaschutz durch eine Energiewende, hin zu erneuerbaren Energien, Energieeinsparungen und Kraft-Wärme Kopplung. Wir wollen der zunehmenden Mobilität durch die Förderung von Bahn und Bus entgegenwirken. Wir sind für den radikalen Schutz von Mensch und Umwelt, wollen den Flächenverbrauch stoppen, Luft- und Wassergüte verbessern, Wald und Bäume schützen.
Nennen Sie Ihr größtes/wichtigstes Ziel in den Bereichen...
Wirtschaft:Im Bereich erneuerbarer Energien können alleine in NRW 120.000 neue Arbeitsplätze beim Mittelstand geschaffen werden, wenn die neuen Energieträger wieder gefördert werden. Eine Abkehr von den bisherigen Energieträgern wie Atomkraft, Kohle und Öl ist eine wichtige Herausforderung für unsere Wirtschaft und eine Energiewende ist ökologisch und ökonomisch unausweichlich. Bei allem wirtschaftlichen Handeln, hat die Nachhaltigkeit oberste Priorität. Wirtschaftliches Handeln und vor allem Gewinnmaximierung darf nicht auf Kosten von Umwelt- und Naturschutz gehen.
Soziales:Alle Menschen brauchen Bildung und Arbeit sowie ein ausreichendes Einkommen. Dafür brauchen wir mehr Teilzeitarbeitsplätze sowie eine Kürzung der Wochen- und Lebensarbeitszeit. Ich setze mich ein für einen Mindestlohn, für ein Sozialticket für Menschen, die nicht am Erwerbsleben teilnehmen können und für eine solidarische Absicherung der Kosten für das Gesundheitswesen (Keine "Kopfpauschale").
Bildung:Wir brauchen ein Schul- und Bildungssystem, in dem Menschen voneinander lernen und die gleichen Startvoraussetzungen haben. Dies fängt bereits bei der Betreuung der unter Dreijährigen an, hier brauchen wir flächendeckend ausreichend Plätze, wo Kinder nicht durch einen Elternbeitrag ausgegrenzt werden. Wir brauchen "Offene Ganztagsschulen", in denen Kinder über Mittag gemeinsam Essen und Leben lernen und wir brauchen mehr Gesamtschulplätze, um dem Elternwillen entsprechend, wenn möglich, gemeinsam bis zum Abitur lernen zu können. Die Studiengebühren müssen wieder abgeschafft werden, um allen jungen Menschen, unabhängig vom Einkommen der Eltern, ein Studium zu ermöglichen.
Kultur:Unter Kultur verstehe ich in erster Linie, das Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft zu ermöglichen und zu fördern. Durch dieses Zusammenleben der Kulturen kann unser Leben vielfältiger und bunter werden. Ein gegenseitiger Respekt und ein gegenseitiges voneinander Lernen sind wichtige Voraussetzungen für ein humanitäres Zusammenleben.
Sport:Der Vereins-, Breiten- und auch im gewissen Maße der Leistungssport, aber vor allem die Jugendarbeit im Sport, bedürfen einer gezielten Förderung. Dadurch kann ein gesundes Leben und die Integration der Kulturen besonders gefördert werden. Der Zugang zu den Sportstätten darf nicht am Geldbeutel scheitern und das Ehrenamt im Sport muss besonders gefördert und gestützt werden.
Verkehr:Ich setze mich für eine grundlegende Verkehrswende ein. Der "Öffentliche Personennahverkehr" muss attraktiver gestaltet und ausgebaut, sowie das Radwegenetz weiter, besonders auch in den Städten, ausgebaut werden. Der Raubbau an der Natur, durch immer mehr und immer größere Straßen muss beendet werden. Der Flugverkehr muss begrenzt, unwirtschaftliche Regionalflughäfen geschlossen werden.
Außerdem hat bei all meinem politischen Handeln, der Natur- und Umweltschutz oberste Priorität, um der nachfolgenden Generation noch eine lebenswerte Welt zu hinterlassen.
Was ist für Sie die größte Herausforderung jetzt im Wahlkampf?
Die Politikverdrossenheit durch einen offenen und ehrlichen Umgang mit den Menschen bei der Beantwortung ihrer Fragen entgegen zu wirken, die Menschen zu motivieren, sich aktiv am politischen Geschehen zu beteiligen und schließlich zur Wahl zu gehen.
Was sagt Ihre Familie zu der Kandidatur?
Meine Familie ist stolz auf mein Engagement, zeigt mir aber auch immer wieder die Grenzen auf und holt mich auf den Boden der Tatsachen zurück. Sie steht inhaltlich voll hinter mir und hofft, dass sich meine Vorstellungen und Ziele umsetzen lassen. Manchmal haben sie Angst, dass ich mich übernehme.
Wer sind Ihre politischen Vorbilder?
Meine politischen Vorbilder sind aus der Studentenbewegung und der anfänglichen "Grünen Zeit" Rudi Dutschke und Petra Kelly, jetzt sind es für mich Bärbel Höhn und Hans-Christian Ströbele.
Was wäre der Plan B, wenn es nicht gelingen sollte, in den Landtag einzuziehen?
Ich würde und werde mich weiter in der Stadt für die Umsetzung "Grüner Ziele" im politischen Alltag einsetzen, weiter mit den Menschen vor Ort gegen Unrecht und Umweltzerstörung kämpfen und mein kommunalpolitisches Mandat weiter verstärkt wahrnehmen können.