Zehn Kilometer gespenstische Stille
Die neue A 44 liegt noch im Dornröschenschlaf. Ab 1. Juli sollen Autos durch den Tagebau rollen.
Ab und zu kräht ein Rabe, der über den frischen Asphalt fliegt, am Horizont drehen sich Windräder — und irgendwo in der Ferne brummt leise der Motor eines Baggers. Ansonsten: fast zehn Kilometer gespenstische Stille. So lang ist das neue sechsstreifige Teilstück der Autobahn 44, die Fahrer ab 1. Juli quer durch den Tagebau Garzweiler führen soll. Auf diesen Termin arbeiten alle hin — zumindest in Richtung Norden soll der Verkehr dann freigegeben werden. Wer aus Grevenbroich, Jüchen und Odenkirchen kommt und in Richtung Koblenz/Aachen unterwegs ist, muss zwei Monate länger über A 46 und A 61 „ums Eck“ fahren, ehe sich der Weg verkürzt.
Klaus Dahmen, Landesbetrieb Straßen NRW
Zwischen den Kreuzen Jackerath und Holz laufen derweil letzte Arbeiten. „Wir liegen gut im Zeitplan“, sagt Projektleiter Klaus Dahmen vom Landesbetrieb Straßen NRW, der für den größten Teil des gewaltigen Bauprojekts die Verantwortung trägt. Rund 100 Millionen Euro soll allein RWE in den Neubau des Autobahnteilstücks investiert haben. „Jetzt fehlen noch Schutzplanken, Fahrbahnmarkierungen, Schilderbrücken und Hinweistafeln“, sagt Dahmen, der sich seit sechs Jahren mit dem Neubau der A 44 und allen damit zusammenhängenden Maßnahmen beschäftigt. In wenigen Wochen steht ein wichtiger Termin an: Mit Vertretern der Bezirksregierungen Köln und Düsseldorf, der Autobahnpolizei und anderen Verkehrsexperten soll die Umlegung des Verkehrs besprochen und Termine festgelegt werden.
Dabei besonders interessant: die Verkehrsführung durch die beiden neu gebauten Autobahnkreuze Jackerath und Holz. Letzteres fällt in den Zuständigkeitsbereich von Klaus Dahmen: „Im Kreuz Holz wird es Verbindungen aus den Richtungen Koblenz/Aachen, Düsseldorf, Odenkirchen und Heinsberg/Venlo wiederum in alle Richtungen geben.“
Um den Verkehr aufnehmen zu können, wird jetzt eine Tangente im benachbarten Autobahnkreuz Wanlo ausgebaut, wie Dahmen berichtet. „Zudem ist in den vergangenen Monaten auch das Teilstück der A 46 zwischen Holz und Wanlo sechsstreifig ausgebaut worden.“ Zahlreiche Brücken an den Autobahnkreuzen führen als Teile von Rampen in die jeweiligen Richtungen. Teilweise stellte deren Bau Planer und Arbeiter vor Herausforderungen. „Am Kreuz Holz gibt es eine Brücke, deren Köpfe auf unterschiedlichem Grund stehen: Der eine Brückenkopf steht auf natürlich gefestigtem, der andere auf aufgeschüttetem Boden, weil unter der Brücke genau die Abbaukante des Tagebaus Garzweiler verlief“, erklärt Projektleiter Klaus Dahmen, der damit rechnet, dass sich die Brücke im Laufe der Jahre setzen wird. Um etwaige Unebenheiten ausgleichen zu können, ist das Bauwerk so präpariert worden, dass es mit Hilfe von Spezial-Technik auch dauerhaft angehoben werden kann. „Die Brücke steht aus diesem Grund auf besonders tragfähigen Kiessäulen.“ Das neue Stück A 44, das 2006 wegen des querenden Tagebaus abgerissen worden war, ist durch einen großen Rechtsschlenker rund einen Kilometer länger geworden. Im Verlauf der Strecke führen zwei Wirtschaftswegebrücken über die Autobahn, zudem gibt es einen Tiertunnel. „Ein Wildschutzzaun wird Tiere zum Tunnel leiten, damit sie nicht vom Verkehr auf der Autobahn erfasst werden“, kündigt Dahmen an. Für einen Tag wird die neue Autobahn bereits am 22. April geöffnet: Dann überquert ein 2400 Tonnen schwerer Absetzer die Trasse.