„Hacker-Affäre“ NRW-Justizminister Biesenbach weist Vertuschungsvorwürfe zurück
Düsseldorf · Hat der NRW-Justizminister zugunsten einer Kabinettskollegin Einfluss auf Ermittlungen genommen und darüber gelogen? Das wirft die SPD-Opposition Biesenbach vor. Im U-Ausschuss zur „Hacker-Affäre“ beißt sie sich an dem gewieften 71-Jährigen allerdings die Zähne aus.
Nordrhein-Westfalens Justizminister Peter Biesenbach hat im Landtag bekräftigt, er habe in der „Hacker-Affäre“ nicht mit Ex-Agrarministerin Christina Schulze Föcking (beide CDU) telefoniert. In seiner zweiten Zeugenaussage vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Düsseldorfer Landtags brachte der Minister am Montag eine neue Auslegung einer registrierten Telefonverbindung vor.
Das Telekommunikationsunternehmen habe ihm mitgeteilt, ein einminütiger Verbindungsaufbau werde auch ausgewiesen, wenn nur der Anrufbeantworter anspringe oder ein SMS-Rückrufservice aktiviert werde, sagte Biesenbach. „Ich gehe davon aus, es hat ein Gespräch nicht wirklich gegeben.“
Zwischen dem 29. März 2018, als er mit dem Leitenden Oberstaatsanwalt während dessen Ermittlungen zum vermeintlichen Cyber-Angriff auf Schulze Föckings Hof telefoniert habe, und dem 4. Juni seien in seinen Verbindungsnachweisen insgesamt 11 Einheiten von genau einer Minute registriert - darunter einer zu Schulze Föcking, berichtete Biesenbach. Es sei auszuschließen, dass in so kurzer Zeit so viele genau einminütige Telefonate geführt würden.
In der zweistündigen Frage-und-Antwort-Schlacht flogen die Fetzen zwischen dem Minister und der SPD-Opposition. Mehrfach verbat sich der Minister „hässliche Unterstellungen“, drohte deswegen zu schweigen und warf dem Ausschussvorsitzenden Hans-Willi Körfges (SPD) Befangenheit vor. Körfges wiederum musste öfter darauf pochen, dass er die Sitzung leite und über zulässigen Fragen entscheide - nicht Biesenbach.
Der Minister hatte zuvor stets versichert - ebenso wie Schulze Föcking in ihrer Zeugenaussage - er könne sich nicht daran erinnern, mit seiner damaligen Kabinettskollegin am 29. März telefoniert zu haben. Es ärgere ihn, dass er vor seiner ersten Zeugenaussage im vergangenen Juli nicht die Verbindungsnachweise studiert habe, sagte Biesenbach. Jetzt könne er den Widerspruch erklären, warum trotzdem ein einminütiger Verbindungsaufbau registriert worden sei.
„Ich erinnere mich, dass ich die Tasten gedrückt habe“, sagte Biesenbach. Warum, könne er nicht mehr sagen. „Ich nehme für mich in Anspruch, Dinge nicht zu behalten, wenn sie für mich keine Bedeutung haben.“ Dazu zählten Telefonverbindungen, die nicht zustande gekommen seien. „Ich bin ein Vieltelefonierer.“
Laut Biesenbach hatte er am 29. März 2018 von seinem Büroleiter erfahren, dass hinter dem vermeintlichen Cyber-Angriff auf Schulze Föckings TV-Gerät ein Bedienungsfehler der Großmutter stecken könnte. Er habe sich vom Oberstaatsanwalt daraufhin erklären lassen, wie dies technisch möglich sein könne, habe aber keinesfalls Einfluss auf die Ermittlungen genommen.
Die Opposition wirft der Landesregierung vor, der Öffentlichkeit die Oma-Variante wochenlang vorenthalten zu haben, um die damals politisch stark angeschlagene Schulze Föcking in einer Opferrolle zu inszenieren. SPD und Grüne fragten, ob Biesenbach deswegen möglicherweise von seinem privaten Handy aus mehrfach mit dem Chefermittler und seiner damaligen Kabinettskollegin telefoniert habe. Auf seinem privaten Handy habe er nie Verbindungsnachweise eingesehen, antwortete der Minister.
Zeugenaussagen deuteten aber daraufhin, dass Biesenbach am 29. März schon früher als angegeben mit dem Staatsanwalt telefoniert habe, hielten SPD und Grüne ihm vor. „Die Zeugen reden von Eindrücken“, konterte der 71-jährige Jurist. „Meine Erinnerungen beziehen sich auf die Verbindungsübersicht.“
Einen besonderen Schlagabtausch lieferten sich Biesenbach und Ex-Innenminister Ralf Jäger (SPD), der dem CDU-Politiker einst als damaligem Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses zu den Übergriffen in der Kölner Silversternacht 2015/16 hatte Rede und Antwort stehen müssen. Jäger stichelte, warum Biesenbach „darauf verzichtet“ habe, sich von seinem Anbieter Telefonlisten zur Verfügung stellen zu lassen. Schließlich gehe es doch möglicherweise auch um „Geheimnisverrat von Ermittlungsständen“. Solche in den Raum gestellten Thesen fielen auf den Fragesteller zurück, erwiderte Biesenbach.
Die AfD mischte bei dem hitzigen Wortgefecht nicht mit. „Angesichts der Probleme unseres Landes habe ich keine weiteren Fragen“, meinte ihr Abgeordneter Christian Blex. Schulze Föcking war bereits vor eineinhalb Jahren unter starkem öffentlichen Druck zurückgetreten.
In einem Bericht an den Rechtsausschuss des Landtags trat Biesenbach darüber hinaus dem Vorwurf entgegen, sein Haus habe Daten gelöscht, um unangenehme Fakten in der „Hacker-Affäre“ zu vertuschen. Tatsächlich seien sämtliche vom Untersuchungsausschuss angeforderten Listen zu Telefonverbindungsdaten noch vorhanden und gesichert.