Krankenhauslandschaft vor dem Umbau Keine Zukunft für Krankenhäuser mit wenig Fallzahlen

Düsseldorf · NRW-Gesundheitsminister Laumann plant eine Reform. Ein Gutachten spricht von teils starker Überversorgung.

Nicht mehr die Bettenzahl, sondern Leistungsbereiche und -gruppen sollen künftig die Krankenhauslandschaft in NRW bestimmen.

Foto: dpa/Patrick Pleul

Die Basis für eine Neustrukturierung der Krankenhauslandschaft in NRW liegt vor: Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat am Donnerstag ein fast 900 Seiten starkes Gutachten präsentiert. Dessen Datenauswertung ergebe, so Jens Peukert von der beteiligten Beratungsfirma Lohfert & Lohfert, „moderate bis starke Anzeichen für eine Überversorgung“. Das gilt insbesondere für die Ballungsräume um Köln und Düsseldorf sowie das Ruhrgebiet.

Laumann will diese Überversorgung mit einem neuen Krankenhausplan angehen – wie er sagt, im Interesse der Patienten. Zum einen schrieben viele der derzeit 340 Krankenhäuser keine schwaren Zahlen mehr. Die Angaben schwanken zwischen einem Drittel und der Hälfte. Zum anderen sei durch teils verschwindend geringe Fallzahlen die Qualität nicht mehr gewährleistet. Beispiel: In Dortmund kümmern sich neun Krankenhäuser um Herzinfarkte. Zwei Häuser decken zwei Drittel der Fälle ab, die restlichen sieben Häuser das verbleibende Drittel. Ein anderer Fall: Im Raum Köln sind innerhalb von 20 Minuten mehr als 30 Versorger für Katheter-Ablationen bei Herzrhythmusstörungen zu erreichen.

Um eine sinnvolle Versorgung der Patienten zu erreichen, schlägt das Gutachten vor, sich von der bisher in allen Bundesländern üblichen Planungsgröße der Bettenzahlen zu verabschieden. In NRW liegt sie derzeit bei 103.000 Betten im somatischen und 15.000 Betten im psychiatrischen Bereich.

Laumann will mit neuer Struktur „Geschichte schreiben“

Stattdessen soll es künftig um Leistungsbereiche (zum Beispiel Herz) und Leistungsgruppen (die diversen Herzerkrankungen) gehen. Laumanns Bedingung: „Jeder Bürger muss in 30 Minuten ein Krankenhaus erreichen“ – bei normaler Verkehrslage und unabhängig vom Wohnort. Das soll zumindest für die Grundversorgung gelten, aber teilweise auch für die Spezialversorgung. Der Minister sprach davon, in der Krankenhausplanung in Deutschland „Geschichte zu schreiben“.

Für den Umbau will das Land zu den bisherigen jährlich 500 Millionen Euro weitere 200 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Noch einmal 100 Millionen sollen von den Krankenkassen kommen. Bis Ende 2020 soll der Entwurf des Krankenhausplans stehen. Erst dann wird auch klar sein, wo welche Krankenhäuser weichen müssen. Ab 2021 ist die Umsetzung geplant. Den ganzen Prozess will Laumann noch in dieser Legislaturperiode abschließen.

Die Krankenhausgesellschaft NRW kündigte eine konstruktive Beteiligung an, forderte aber auch „die Übernahme von politischer Verantwortung ein, wenn es zur Schließung von Abteilungen oder Standorten kommt“. Die gesetzlichen Krankenkassen begrüßten die Pläne.

Klaus Overdiek, Leiter der Landesvertretung NRW der DAK, schlug vor, Krankenhäuser, die schließen müssten, in ein Pflegekompetenz-Zentrum umzuwandeln und so Pflegekompetenz für die Region an einem Ort zu bündeln. „Ich denke da an Wohngruppen für Demenzkranke, Tages- und Nachtpflegeangebote, auch stationäre Angebote, um Anhörigen die Berufstätigkeit oder zumindest etwas freie Zeit von der Pflege zu ermöglichen.“

Josef Neumann, Gesundheitsexperte der SPD-Landtagsfraktion, mahnte: „Konzentration ersetzt nicht die Investitionen, die von Seiten des Landes dringend finanziert werden müssen.“ Der Städtetag NRW warnte davor, zu pauschal anzunehmen, „dass es im urbanen Raum zu viele Krankenhäuser und per se im ländlichen Bereich eine Unterversorgung gibt“.