Gefährlicher Schulweg NRW-Städte kämpfen verstärkt gegen Elterntaxis an Schulen

Düsseldorf · Der Tod einer Achtjährigen in Mönchengladbach hat erneut ein trauriges Schlaglicht auf das Problem geworfen. Zum Schulstart werden die Autos dennoch wieder vor NRW-Schulen rollen.

Elterntaxis sorgen morgens vor vielen Schulen in Nordrhein-Westfalen für unübersichtliche Situationen.

Foto: Ralf Hirschberger

Nach dem Tod eines achtjährigen Mädchens in Mönchengladbach, welches im Dezember auf dem Schulweg von einem Auto überrollt wurde, ist die Debatte um die Elterntaxis vor Schulen in Nordrhein-Westfalen erneut entflammt. „Der traurige Beweis ist erbracht, dass Elterntaxis lebensgefährlich sein können“, sagt Mathias Schiffmann von der Landesverkehrswacht NRW. In vielen Städten gibt es inzwischen Initiativen gegen diese Gefahr. Die Eltern müssen diese aber auch wirklich annehmen – wichtigste Akteure, um auf sie Druck auszuüben, sind laut Experten die Kinder.

Auch in Mönchengladbach gibt es Projekte schon seit Jahren. Etwa seit 2009 den „Walking Bus“: Laut Stadtverwaltung treffen sich die Kinder an festgelegten Haltepunkten und gehen den Schulweg zusammen mit einer Begleitperson, gekennzeichnet durch gut sichtbare, leuchtende Schärpen. Gerade im vergangenen Jahr lief an sechs Modellschulen das Präventionsprojekt „Goldi Go“, bei dem die Kinder eine Woche lang allesamt ohne Auto zur Schule kommen sollten – die Pilotphase werde derzeit ausgewertet, in diesem Jahr solle „Goldi Go“ möglichst auf alle Grundschulen der Stadt ausgeweitet werden.

Aber auch direkt im Umfeld des tödlichen Unfalls an der Schulstraße und Luise-Vollmar-Straße war und ist die Stadt aktiv: Bereits 2010/2011 wurden die Straßen verkehrsberuhigt, nach zahlreichen Beschwerden über Elterntaxis hatte es im Juni 2018 einen Ortstermin dort gegeben und ein Halteverbot vor dem Schultor wurde angeordnet – die Schilder konnten allerdings erst Ende Dezember nach dem tödlichen Unfall aufgestellt werden.

Andere Städte haben versuchsweise „Hol- und Bringzonen“ an Schulen eingerichtet, wo Eltern ihre Kinder absetzen können und diese nur noch einen kurzen, sicheren Fußweg zur Schule haben. So soll das Geknubbel unmittelbar vor dem Eingang entzerrt werden. Im Düsseldorfer Stadtteil Kaiserswerth sollen so Elterntaxis aus einem verkehrsberuhigten Bereich herausgehalten werden, teilt die Stadt auf Anfrage mit. An anderen Stellen würden immerhin Haltezonen an den Schulen eingerichtet. „Die Grundproblematik besteht darin, dass die Schulen in Düsseldorf zum allergrößten Teil zu einer Zeit geplant und gebaut wurden, zu der das Thema Elterntaxis noch unbekannt war“, erklärt Michael Bergmann vom städtischen Amt für Kommunikation.

In Wuppertal wurde 2016 eine Hol- und Bringzone eingerichtet

Diese Erfahrung hat man auch in Wuppertal gemacht, wo bereits 2016 eine „Hol- und Bringzone“ als Pilot an der Grundschule Kruppstraße eingerichtet wurde. Laut Verwaltung zog das begleitende „Büro für Forschung, Entwicklung und Evaluation“ nach dem Versuchszeitraum „grundsätzlich ein positives Fazit“ – auch wenn die Zone noch lange nicht ausgelastet sei. Die Planungen für einen zweiten Versuch an der Grundschule Rudolfstraße indes scheiterten, weil man nicht den Raum für eine sichere „Hol- und Bringzone“ fand. Die Stadt sucht weiter nach einem zweiten Modellstandort.

Die Probleme kennt Norbert Goertz-Gorr vom Krefelder Straßenverkehrsamt, das bereits vor drei Jahren die erste von nunmehr drei „Elternhaltestellen“ (Uerdingen, Fischeln und Lindental) installierte. Auch dort sollen Eltern ihre Kinder sicher ein- und aussteigen lassen können, zur Schule bleibt dann nur ein kurzer Weg zu Fuß. In Fischeln etwa wurde die Haltestelle auf dem Parkplatz eines Friedhofes errichtet, die Eltern, so Goertz-Gorr, müssten hier nicht einmal rückwärts fahren, um zu wenden – das garantiere maximale Sicherheit. Sein Problem: Zwei weitere Elternhaltestellen will er im Laufe dieses Jahres eröffnen, er findet nur den geeigneten Platz rund um die beiden ausgewählten Schulen in Oppum nicht.

Aber nicht nur der Raum sei ein Problem bei den Elternhaltestellen. „Das Schild aufzustellen, ist nicht das Thema“, stellt Goertz-Gorr klar. „Die Hauptarbeit haben die Schulen. Ohne sie funktioniert es nicht.“ Sie müssten durch die Kommunikation mit Schülern und Eltern auch dafür werben, dass die Haltestellen tatsächlich als Alternative genutzt würden. So habe eine Schule etwa ein Punktesystem eingeführt, mit dem Klassen sich hervortun konnten, in denen besonders viele Kinder zu Fuß ans Schultor kamen. „Der Druck für die Eltern kam dann von der Rückbank“, verdeutlicht der Planer: Die Kinder hätten irgendwann gefordert, an der Elternhaltestelle aussteigen und mit ihren Freunden die letzten Meter laufen zu dürfen.

Auch Mathias Schiffmann von der Landesverkehrswacht glaubt nicht, dass gegen die Elterntaxis große politische Initiativen helfen. „Jede Schule ist anders. Die Initiative muss von der Schule selbst ausgehen“, sagt er. Vor Ort müssten Netzwerke mit Kommune, Polizei und der örtlichen Verkehrswacht geschaffen werden, um passgenaue Lösungen zu finden. Möglichkeiten dazu gebe es – das zeigen die Beispiele aus der Region – reichlich. Und letztlich seien die Eltern in der Pflicht. Nicht nur den anderen Kindern gegenüber, die sie mit ihrem Auto vor dem Schultor gefährdeten. Sondern auch ihrem eigenen Kind gegenüber, dem sie langfristig mit der Kutschiererei keinen Gefallen täten: „Kinder lernen verkehrssicheres Verhalten nicht auf dem Rücksitz eines Autos“, verdeutlicht Schiffmann.