Integration in der Pflege Pflege mit Blick auf kulturelle Unterschiede
Saloua Ouazzouzi setzt mit ihrem 2021 eröffneten ambulanten Pflegedienst auf eine kultursensible Pflege. Mit ihrem Konzept möchte sie Menschen mit und ohne Migrationshintergrund gleichermaßen erreichen.
In der Corona-Pandemie vereinsamten viele Menschen, die Pflege benötigen. „Ich merke das immer wieder und selbst ein simples ‚Wie geht es dir‘ kann da sehr viel bewirken“, sagt Saloua Ouazzouzi. Vor einem Jahr gründete sie „Dein Ambulanter Pflegedienst DAP“ in Wersten. Nach einer Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin und mehreren Fortbildungen etablierte sich Saloua Ouazzouzi in ihrem Beruf. Sie hat marokkanische Wurzeln, ist in Deutschland geboren und aufgewachsen. Jetzt möchte sie mit ihrem eigenen Unternehmen etwas in der Pflege verändern. „Den Gedanken, mich selbstständig zu machen, hatte ich schon lange. Durch die starren Arbeitsmodelle konnte ich mich nicht frei entfalten“, sagt sie.
Freundliche Nachfrage und Gespräche sind wichtig
Der regelmäßige Einsatz des Pflegedienstes ist für Gottfried Müller (93) Alltag. „Ich bin immer froh, wenn sie kommen. Die sind pünktlich, und ich kann mich darauf verlassen“, sagt er. Die freundliche Nachfrage „Kann ich etwas für Sie tun?“ findet er passend. Auch die gemeinsamen Gespräche freuen ihn, die regelmäßigen Medikamentenkontrollen sind ebenfalls Routine für das Team des Pflegedienstes.
Als der Vater von Yasmin Masghoub plötzlich nach einem Schlaganfall Pflege brauchte, stellte das ihre marokkanische Familie vor eine Herausforderung. Anders als in Marokko üblich wohnt in Deutschland keines der Kinder mehr bei den Eltern. „Wir haben uns dann für einen Pflegedienst entschieden. Das war in unserer Kultur nicht so einfach, weil wir unsere Angehörigen eigentlich immer selber pflegen. Es war aber eine sehr große Unterstützung“, sagt sie. Ihr Vater ist mittlerweile gestorben. „Es war sein Wunsch, zu Hause gepflegt zu werden.“ Auch das Beratungsangebot nutzte die Familie bei Fragen rund um Pflegegeld und Verhinderungspflege. Dass einige im Team von Saloua Ouazzouzi die Sprache der Eltern sprechen, habe sehr geholfen.
Multikulturelle Aspekte spielen in der Pflege inzwischen eine wichtige Rolle. „Wir nennen es kultursensible Pflege und achten dabei auf die individuellen Bedürfnisse“, sagt Pflegedienstleiterin Saloua Ouazzouzi. Sie gibt Beispiele: Marokkanische Pflegebedürftige grüßt sie in der Landessprache; sie zieht im Haus von muslimischen Patienten die Schuhe aus. „Egal aus welchem Land unsere Kunden kommen, welche religiöse Prägung oder welche Bedürfnisse diese haben, wir sorgen für eine individuell abgestimmte Pflege“, beschreibt sie ihr Konzept.
Wenn Angehörige plötzlich Pflege brauchen, kann das den Alltag sehr belasten. Diese Erfahrung machte Mario Schulte, als sein Großvater plötzlich Hilfe benötigte: „Das ist ein großer Dschungel am Anfang, man hat selbst ja wenig Ahnung“, sagt er. Als Laie fielen ihm auch die verschiedenen Anträge schwer. „Da hat mir der Pflegedienst sehr geholfen“, sagt er. Saloua Ouazzouzi weiß, dass Angehörige oft nicht alle Möglichkeiten kennen und sich überfordert fühlen. Wenn jemand anruft, schaut sie vor Ort, wie die Lage ist. „Nicht jeder kann noch zu Hause betreut werden“, sagt sie.
Aktuell hat ihr Team fünf Mitarbeiter. Künftig möchte sie weitere dazu gewinnen. Sie setzt auf ein Konzept mit anderen Arbeitszeiten. „Meine Mitarbeiter arbeiten höchstens fünf Tage am Stück und haben dann Freizeit“, sagt sie. Auch soll im Kontakt zu den Pflegebedürftigen Zeit bleiben für Kommunikation. „Ich möchte den Beruf attraktiver gestalten“, sagt sie. Gottfried Müller, den das Team täglich betreut, sieht die viele Arbeit: „Es ist ein harter Job“, stellt er fest.