Anfeindung im Netz Kölner Polizei-Azubi macht Rassismus bei Behörde in Sachsen öffentlich und wird angefeindet
Köln · Simon Neumeyer wird bei seiner Polizei-Ausbildung Zeuge von offen gelebtem Rassismus. Er geht mit einem fremdenfeindlichen Spruch an die Öffentlichkeit. Im Netz wird er übel beschimpft.
Der 21-jährige Simon Neumeyer aus Köln möchte Polizist werden und geht für seine Ausbildung nach Sachsen, berichtet die Boulevardzeitung Express. Dort erlebte er demnach rassistische Äußerungen unter seinen Kollegen und offen ausgelebte Fremdenfeindlichkeit. Der junge Mann geht schließlich an die Öffentlichkeit, postet bei Instagram ein Foto aus einem Gruppenchat mit seinen Polizei-Kollegen. Nun wird er offen angefeindet.
Neumeyer wächst in Köln-Sülz auf und macht im Jahr 2016 sein Fachabitur am Richard-Riemerschmid-Berufskolleg. Anschließend bewirbt er sich in mehreren Bundesländern bei der Polizei, so der Express-Bericht. Schließlich klappt es im Osten Deutschlands, in Leipzig, wo der damals 19-Jährige im Herbst eine Ausbildung beginnt. Neumeyer hält es jedoch nicht lange in Sachsen aus und kehrt im Mai 2017 zurück nach Köln.
Über seine Erinnerungen an die Zeit schreibt der Express: „Sich fremdenfeindlich zu äußern, das war dort so, als würde man übers Wetter reden“. Auch die Ausbilder sollen sich mit rassistischen Sprüchen nicht zurückgehalten haben. Neumeyer erklärt gegenüber der Kölner Zeitung: „Mein Schießlehrer hat sinngemäß gesagt, wir müssten jetzt wieder gut schießen lernen, weil so viele Gäste im Land seien“. Mit Gästen seien Flüchtlinge gemeint gewesen.
Die Geschehnisse der Kölner Silvesternacht 2016/2017 verstärken den Fremdenhass, so Simon Neumeyer gegenüber der Boulevardzeitung. Er fühlte sich zu der Zeit demnach zunehmend unwohl - und wird, weil er widerspricht, zum Außenseiter. Er wurde als Linker und als unnormal bezeichnet, heißt es im Express-Artikel.
Schließlich schreibt ein Kollege in einer gemeinsamen WhatsApp-Gruppe: „Wir hassen alle Afrikaner“. Von diesem Chat macht der 21-Jährige einen Screenshot, den er einige Zeit später auf der Internetplattform Instagram veröffentlicht. Dazu stellt er in dem Posting die Frage: „Was halten die Medien, Politik und die Polizei Sachsen eigentlich davon?“ Es dauert nicht lange und die ersten Reaktionen erreichen Neumeyer. Nach anderthalb Wochen hat sein Beitrag über 1.400 Likes und darunter findet man etliche Kommentare.
Viele User haben Respekt vor seinem Engagement. „Toll, dass es noch solche Menschen gibt“, schreibt ein Nutzer. Es finden sich überwiegend positive Reaktionen, Menschen die sich bedanken und seine Zivilcourage loben. Trotzdem gibt es eine Reihe beleidigender Kommentare. Neumeyer muss sich teilweise üblen Anfeindungen im Netz aussetzen: „Wie erbärmlich kann ein Mensch sein, der seine Kollegen verpfeift.“ Dieser Kommentar geht in eine ähnlich ausfallende Richtung: „Dich sollte man einsperren und bestrafen wie kann man sowas im internet preis geben schäm dich.“ Oftmals wird dem Kölner unterstellt, er habe keinen Humor und die fremdenfeindlichen Äußerungen in dem Gruppenchat werden als „Witz“ abgetan. „P**** zieh den Stock ausm A**** und hab Humor“, heißt es da beispielsweise. (Unsere Redaktion schreibt diffamierende Formulierungen nicht aus, auf Instagram sind die Beiträge unzensiert veröffentlicht.)
Beschimpfungen wie „Richtig lächerlich Aktion von dem Lappen.“ oder „Ich finds überzogen... man muss halt schwarzen Humor verstehen...“ sind im Vergleich noch eher harmlos. Andere meinen Simon Neumeyer habe seine Ausbildung nicht bestanden und deswegen den Chat veröffentlicht: „Echt erbärmlich von dir. Hintergehst deine ganzen Kameraden, weil diese angesoffen ein paar Witze gemacht haben, NUR weil du es selbst nicht geschissen bekommen hast die Ausbildung zu bestehen. Richtiger 31er. Wegen dir verlieren die ihren Job damit du deine Aufmerksamkeit bekommst.“ (31er bezeichnet in der Jugendsprache eine Person, die verräterisch oder untreu ist.)
Nach Angaben des Express soll sich schließlich auch der Präsident der Leipziger Bereitschaftspolizei, Dirk Lichtenberg, gemeldet haben. Er versicherte dem 21-Jährigen den Angaben nach „eine lückenlose Aufklärung“. Simon Neumeyer soll außerdem Zuschriften von anderen Polizisten bekommen haben, in denen sie ähnliche Erlebnisse beschreiben und sich für seinen Mut bedanken.