Kriminalität Polizei ermittelt gegen DLRG-Betreuer: „Schlimme Geschichte“

Köln/Bad Nenndorf · Ein Betreuer soll auf einer DLRG-Ferienfreizeit in Spanien Kinder und Jugendliche sexuell belästigt haben. Die Fahrt wurde abgebrochen. Nach einer Anzeige der DLRG ermittelt die Polizei. Vorwürfe gegen den Betreuer gibt es schon länger.

Die Kölner Polizei ermittelt nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen sexueller Belästigung gegen einen Betreuer einer DLRG-Ferienfreizeit im vergangenen Sommer.

Foto: dpa/Jens Büttner

Die Kölner Polizei ermittelt nach Angaben der Staatsanwaltschaft wegen sexueller Belästigung gegen einen Betreuer einer DLRG-Ferienfreizeit im vergangenen Sommer. Die Staatsanwaltschaft sei „mit dem Sachverhalt noch nicht befasst“, teilte Kölns Oberstaatsanwalt Ulrich Bremer der Deutschen Presse-Agentur am Dienstag auf Anfrage mit.

Nach einer Strafanzeige der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) bei der Kölner Polizei seien aber dort Ermittlungen „wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung“ aufgenommen worden. Nach seinen Informationen würden derzeit Zeugen vernommen, so Bremer weiter.

Der Verband habe noch keine Rückmeldung von der Polizei zu den Ermittlungen, sagte DLRG-Präsidentin Ute Vogt der dpa. Man habe sofort nach Bekanntwerden des Falls eine entsprechende Anzeige gestellt. Den Vorsitz der DLRG-Ortsgruppe „Köln rechtsrheinisch Süd“, den der Beschuldigte bis dato innehatte, legte der Betreuer nieder.

Damit sei er einer Suspendierung zuvorgekommen. Inzwischen sei die Ortsgruppe personell neu aufgestellt. Gegen den Betreuer strebt die DLRG zudem ein Vereinsausschlussverfahren an. Zuvor sollen aber die Ermittlungsergebnisse abgewartet werden, hieß es.

Die Vorwürfe richten sich gegen einen DLRG-Betreuer einer Kinder- und Jugendfreizeit des Rettungsschwimmverbandes im vergangenen Juli nach Spanien. Deutschlandfunk, ARD-Sportschau in der Sendung „Sport Inside“ und „Süddeutsche Zeitung“ hatten am Samstag berichtet.

Die DLRG reagierte umgehend auf ihrer Homepage mit einer Stellungnahme. Die Ferienfreizeit mit insgesamt 14 Kindern und Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren war demnach am 1. August abgebrochen worden, nachdem Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie zwei Betreuerinnen den Vorwurf von „Übergriffigkeit und sexueller Belästigung“ gegen den Betreuer und Leiter der Fahrt erhoben hatten.

DLRG-Chefin Vogt nannte es eine „schlimme Geschichte“. Alle Landesverbände seien aber interessiert, aus der Aufarbeitung des Falls zu lernen. Es habe einen „Ruck“ auf allen Ebenen gegeben: „Wir tun alles, damit so etwas nicht mehr vorkommt.“ Wichtig sei die Schaffung eines „täterfeindlichen Umfelds“.

Vogt bestätigte, dass es erste Vorwürfe gegen den Betreuer 2019 gegeben hatte. Damals ging es zunächst um „respektloses Verhalten gegenüber Frauen“. Es sei ihm klargemacht worden, dass ein solches Verhalten nicht hingenommen werde. 2021 gab es den Angaben zufolge weitere Hinweise durch eine Informantin. Dass die Vorfälle seinerzeit nicht öffentlich oder an höhere Stellen innerhalb des Verbands gemeldet wurden, scheiterte an einer vereinbarten Vertraulichkeit, um die die Informantin in einem Gespräch mit vom Landesverband Nordrhein für die Präventionsarbeit benannten Ansprechpersonen gebeten hatte.

So erklärt es auch der Landesverband Nordrhein. 2019 sei der Mann „durch unangemessene verbale Äußerungen gegenüber Frauen aufgefallen“. Der DLRG-Bezirk Köln habe sich der Sache angenommen und versichert, man kümmere sich weiter um die Situation, teilte Landesverbandssprecher Frank Zantis auf dpa-Anfrage mit. Eine weitere Unterstützung durch den Landesverband sei „nicht gewollt“ gewesen.

2021 habe die besagte Informantin „trotz wiederholter Nachfragen ausdrücklich darum“ gebeten, die Informationen vertraulich zu behandeln und diese „keinesfalls weiterzugeben“, so Zantis. Die Informantin war selbst Betreuerin einer von dem Beschuldigten organisierten Freizeitfahrt im Jahr 2020, auf der es „Grenzverletzungen“ gegeben hatte.

Die Betreuerin habe versprochen, sich zu melden, sobald der Beschuldigte für eine weitere Freizeit eingeplant sei, damit eine Intervention möglich wäre. Eine solche Information gab es dann aber nicht. Funktionsträger im Landesverband, im Bezirk oder der Ortsgruppe wurden laut Zantis nicht informiert. So versandete die Kommunikation - bis zur Fahrt in diesem Sommer.

Die DLRG will daraus ihre Lehren ziehen. Der Landesverband will den aus dem Jahr 2014 stammenden Handlungsleitfaden zur Prävention sexualisierter Gewalt weiter entwickeln, so Zantis. Die Erkenntnisse aus den aktuellen Geschehnissen sollen dort einfließen. Laut Vogt ist mit den 18 Landesverbänden zudem vereinbart worden, dass der Bundesverband bis zum kommenden Frühjahr einen Vorschlag für noch verbindlichere Vorgaben für die Durchführung solcher Reisen vorlegt.

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(dpa)