„Nicht Geld für alles da“ Rekordschulden in NRW: Rechnungshof schlägt Alarm
Düsseldorf · Die Rechnungsprüfer des Landes NRW befürchten nach Jahren sprudelnder Steuereinnahmen kargere Zeiten. Der Ausgabenmotor müsse jetzt endlich gedrosselt werden.
Angesichts von Rekordschulden des Landes Nordrhein-Westfalen in Höhe von fast 160 Milliarden Euro hat Rechnungshof-Präsidentin Brigitte Mandt erneut Alarm geschlagen. Sie forderte einen „haushaltspolitischen Neuanfang“ durch eine Drosselung der Ausgaben. „Es ist nicht Geld für alles da“, sagte Professorin Mandt am Dienstag in Düsseldorf bei der Vorstellung des Jahresberichts 2022.
Die bereits in den „Vor-Corona-Jahren“ angespannte Haushaltslage des Landes habe sich weiter zugespitzt. Der pandemiebedingte NRW-Rettungsschirm in Höhe von rund 15,8 Milliarden Euro werde den Haushalt über Jahrzehnte erkennbar belasten. Die Folgen der Flutkatastrophe werden zudem noch bis 2050 zu Steuerausfällen von bis zu 100 Millionen Euro jährlich führen.
Ein steigendes Zinsniveau könnte schnell zu erheblichen Mehrbelastungen des Haushalts führen. Für neue Projekte der neuen Landesregierung sehe es eher düster aus, sagte Mandt. Eine strikte Konsolidierung des Haushalts sei das Gebot der Stunde. Ein weiteres Herauszögern der Maßnahmen sei nicht mehr zu rechtfertigen.
Die Steuereinnahmen seien in den vergangenen Jahren entgegen der Prognosen zwar enorm angestiegen. Dies sei aber für die künftige Haushaltsplanung angesichts des Kriegs in der Ukraine keine verlässliche Grundlage mehr.
Beifall kam vom Bund der Steuerzahler (BdSt) NRW. „Der Landesrechnungshof hat einen Weckruf an die Landespolitik abgesetzt, der im kommenden Haushalt berücksichtigt werden muss“, sagte BdSt-Landeschef Rik Steinheuer.
Prüfungen des Rechnungshofs ergaben folgende Kritikpunkte:
IT-Sicherheit: Bei der Verwaltung des Landeshaushalts habe eine Prüfung Defizite bei der IT-Sicherheit ans Licht gebracht, kritisierte Mandt weiter. So sei das Sicherheitskonzept des NRW-Finanzministeriums nur zu 55 Prozent umgesetzt worden. Dadurch könnte im Extremfall, etwa bei einem Hackerangriff, die Zahlungsfähigkeit des Landes auf dem Spiel stehen.
Überstunden: Das Innenministerium habe offenbar keinen Überblick über die Mehrarbeit der Polizisten. Erst das Landesamt für Besoldung habe auf Anfrage mitteilen können, dass von 2012 bis 2020 rund 90 Millionen Euro für Mehrarbeit von Polizisten ausgeschüttet worden seien.
Gefängnisse: Bei der Sanierung der in die Jahre gekommenen Gefängnisse des Landes fehlt den Rechnungsprüfern eine verbindliche Gesamtstrategie. So hätten immer wieder kurzfristige Instandhaltungsmaßnahmen eingeschoben werden müssen.
Die Zeitplanungen seien bereits deutlich überschritten und die Kosten seien von ursprünglich 787 Millionen Euro bereits auf fast 1,7 Milliarden Euro gestiegen. Das Land sollte prüfen, ob es nicht wirtschaftlich sei, ein Gefängnis neu zu bauen, um die anderen einfacher, schneller und günstiger sanieren zu können.
Justiz-Auktionen: Bei der Online-Auktionsplattform der NRW-Justiz habe es keinen vollständigen Kostenüberblick gegeben. Deshalb seien den beteiligten Ländern zu geringe Kostenbeiträge in Rechnung gestellt worden.
Feuerwehr-Institut: Beim Institut der Feuerwehr in Münster, der bundesweit größten Ausbildungsstätte für Feuerwehrleute, entdeckten die Prüfer ein 2016 fertig gestelltes Blockheizkraftwerk, das fünf Jahre lang nicht in Betrieb gegangen war.
Auf Nachfrage sei nun mitgeteilt worden, das neue Kraftwerk müsse an eine andere Stelle versetzt werden. Die aktuelle Fläche sei anderweitig verplant.