Kämmerer in Sorge Die aktuellen Krisen verschärfen die Geldnot in Remscheid
Remscheid · Mit eindringlichen Worten stimmte Kämmerer Sven Wiertz den Stadtrat auf schwierige Zeiten ein. Im September will er den Entwurf des Haushalts vorlegen, den er mit seinem Team für 2023 und 2024 zusammenstellt.
Die Planung städtischer Ausgaben und Einnahmen entpuppt sich angesichts der aktuellen Herausforderungen, aber als kompliziert: „Die Kommunen befinden sich in einer außerordentlichen Lage, die durch das Zusammentreffen verschiedener Krisen gekennzeichnet ist“, hob er bei der Sitzung am Montagabend hervor.
Noch immer gebe es keine Perspektive für die Bewältigung der Altschulden, die in Remscheid rund 589 Millionen Euro betragen. Es mangele an „einer angemessenen und auskömmlichen Gemeindefinanzierung“, erklärte er mit Blick auf das Land NRW. Vor diesem Hintergrund werde es noch schwieriger, die weiteren Krisen zu meistern. So komme auf Remscheid ein weiterer Schuldendienst zu, um die durch die Corona-Pandemie bedingten Kosten auszugleichen. Ab 2025 müsse die Stadt jährlich gut 3,2 Millionen aufbringen - über fünf Jahrzehnte lang. Auch der Krieg in der Ukraine werde für die Finanzlage der Stadt Remscheid Folgen haben. „Beispielsweise beim Ausbau der Warnsysteme, beim Katastrophenschutz oder beim Schutz kritischer Infrastrukturen“, nannte er Lehren, die aus dem Angriffskrieg zu ziehen sind.
Stadtfinanzen im Remscheid: Die allgemeine Teuerung wirkt sich auf den Haushalt aus
Und nicht zuletzt müsse Remscheid bei seinen Ausgaben auch dem Klimaschutz Tribut zollen. Obwohl der Stadtrat am Montag viele Maßnahmen bei einer Nachhaltigkeitsstrategie verabschiedet hat, die Grünen-Politiker David Schichel als „historisch“ bezeichnete, sei dafür kaum Geld vorhanden: „Fehlende finanzielle Ressourcen führen dazu, dass wir uns bei der Umsetzung auf Maßnahmen beschränken müssen, die ohne zusätzlichen personellen Aufwand oder mit gefördertem Personal umgesetzt werden können“, bedauerte Wiertz. Dabei gebe es einen Verfassungsauftrag, wonach die Gemeinden zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beitragen müssen.
Erschwert wird dies alles durch weitere Negativfaktoren: Die allgemeine Teuerung wirke sich auf den städtischen Haushalt unmittelbar aus: „Die Preise für Güter und Dienstleistungen steigen. Die Preisentwicklung in der Bauwirtschaft ist hier herausragend.“ Wiertz rechnet zudem mit wachsenden Personalausgaben von rund 750.000 Euro pro Jahr durch Lohnsteigerungen. Dies führe zum Zwang, Prioritäten zu setzen. „Wir müssen uns auf die Pflichtaufgaben konzentrieren,“ sagte Wiertz im Gespräch. Umbau der Schulen, die wieder zum Abi nach 13 Jahren zurückkehren und mehr Platz benötigen, sowie weiterer Ausbau der Kitas nannte er als Beispiele. Über all das befinden bis Ende des Jahres die Ortspolitiker, die Änderungen im Haushaltsentwurf vornehmen können. Wiertz hofft „auf das bewährte kritisch-konstruktive Miteinander aller Beteiligten“ für die Debatte, die nach der Sommerpause beginnt.