Rhein Fires Justin Schlesinger „Du musst von dir selbst überzeugt sein“

Interview | Düsseldorf · Am Sonntag sichtet Rhein Fire beim Tryout wieder neue Football-Talente aus der Region. Vor einem Jahr empfahl sich der 24-Jährige auf diese Weise für den Kader. Er erzählt, was er damals erlebte und welche Tipps er Teilnehmern für dieses Jahr gibt.

 Justin Schlesinger läuft im ELF-Spiel gegen die Munich Ravens mit dem Ball unterm Arm übers Spielfeld. Über die Tryouts hat er sich damals für Rhein Fire empfohlen.

Foto: Rhein Fire/Justin Alexander Derondeau

Stefan Janssen führte das Gespräch

Herr Schlesinger, Sie haben mit Rhein Fire 2023 den Titel in der European League of Football (ELF) geholt. Wie verlief die Saison für Sie persönlich?

 Justin Schlesinger: Es war ein unfassbares Erlebnis, wofür ich sehr dankbar bin. Natürlich ist der Kader extrem talentiert auf jeglichen Positionen, auch auf der Receiver-Position. Dann bin ich auch nicht der Größte, weshalb man physisch nicht so auffällt. Da muss man halt wirklich von Training zu Training kämpfen, um seine Rolle in der Mannschaft zu finden und Spielzeit zu bekommen. Für mich persönlich lief es sehr gut. Ich habe mir recht schnell meinen Platz erkämpft und die Zeit, die ich auf dem Feld war, meiner Meinung nach sehr gut nutzen können. Vieles hat aber auch mit unserem System zu tun und dem Offensive Coordinator Andrew Weidinger, den anderen Receivern und unserer Offensive Line, die Jadrian (Quarterback Clark, Anm. d. Red.) so viel Zeit gibt. Da kann man sich nur freilaufen. Für mich war die Saison der Hammer, auch das Spiel in Hamburg vor 32.000 Zuschauern oder das Finale, generell vor einem Schnitt von 10.000 Zuschauern. Das hat man sich als kleiner Junge nicht wirklich träumen lassen. In so einer Organisation mit so einem Gameday-Management und so einem Coaching Staff zu spielen, das war schon etwas sehr Besonderes.

Sie hatten in dieser Saison 18 gefangene Pässe (Catches), sechs davon führten zu einem Touchdown. Woher kommt diese gute Quote?

Schlesinger: Ich war tatsächlich öfter auf dem Feld, wenn wir in der Redzone waren, also den letzten 20 Yards vor der Endzone. Und da bekommen die anderen Receiver wie Anthony Mahoungou, Harlan Kwofie oder die Amerikaner mehr Aufmerksamkeit, da geht man auch mal schneller unter und wird auch mal vergessen von der Verteidigung. Jeder dritte Catch ein Touchdown klingt cool, dabei muss man aber auch sehen, dass ich nur 18 Catches hatte, was dann wiederum recht ‚wenig‘ ist. Aber ich will es gar nicht schlecht reden.

Vor Rhein Fire haben Sie schon in Köln in der ELF gespielt. Wieso sind Sie im vergangenen Jahr zum Tryout gegangen?

Schlesinger: Ich war schon länger mit Rhein Fire in Kontakt, habe mich aber für Köln entschieden. Ich habe aber schnell gemerkt, dass das, was Fire da gerade aufbaut, extrem viel Potenzial hat. Auch das Spiel mit Köln in Duisburg vor 9000 Menschen hat mich natürlich sehr geprägt. Und wenn ich schon hier im Umkreis wohne, warum dann nicht bei der bestmöglichen Option spielen? Nach der Saison 2022 war für mich schnell klar, dass ich für Rhein Fire spielen möchte. Dann gab es eben die Möglichkeit des Tryouts. Ich muss ehrlicherweise sagen: Ich habe in Köln nicht die Bomben-Saison gespielt, dass Rhein Fire gesagt hätte, wir nehmen dich direkt mit. Mir war schnell klar, dass ich dahin gehe, und schaue, was passiert, weil ich auch ein kompetitiver Typ bin.

Sie haben es am Ende ins Team geschafft – aber wie genau lief das Tryout für Sie?

Schlesinger: Ich war an den Tagen ein bisschen am Kränkeln. Das hat das Ganze aber nicht verschlechtert. Die Combine-Werte waren für meine Verhältnisse auch echt gut.

Die Receiver-Drills und so liegen mir irgendwie, ich habe da Bock drauf und verstecke mich nicht. Deshalb lief es an dem Tag auch sehr gut. Eine Woche später habe ich dann den Anruf bekommen, dass man mich gerne im Team 2023 haben würde.

Was braucht es, um beim Tryout erfolgreich zu sein?

Schlesinger: Du meldest dich an und es wird ja vorab schon geklärt, ob du das Potenzial hast. Wenn du dann eingeladen wirst, ist die Vorbereitung Priorität Nummer eins.

Man sieht öfter Leute bei den Combine-Drills, die sehr technisch sind, dass sie sich das nicht vorher angeguckt haben und deshalb nicht wissen, wie es richtig funktioniert. Sich darauf vorzubereiten, wäre so der erste Tipp, den ich jemandem geben würde.

Außerdem bei den Übungen nicht scheu sein, sich nicht in der letzten Reihe verstecken, sondern Präsenz zeigen und schon versuchen, mit den Coaches in Kontakt zu treten.

 Und einfach selbstbewusst sein. Wenn du in so einem Team spielen willst, musst du von dir selbst überzeugt sein, sonst gehst du schnell unter, weil das Level so hoch ist.

Können Spieler, die bislang keine ELF-Erfahrung haben, es überhaupt in so einen Kader schaffen?

Schlesinger: 100 Prozent. Solche Spieler gab es ja auch letztes Jahr. Vielleicht sind es dann keine Stammspieler, weil die holt man in der Regel schon vorher. Aber es gibt viele Jungs, die sich zu einer wichtigen Figur im Team entwickelt haben, die durch das Tryout gekommen sind. Wenn du in der GFL gespielt hast, kennst du das Niveau ja auch schon ein bisschen, sodass es kein komplettes Neuland wäre.

Aktuell pausiert der American Football. Wie halten Sie sich fit?

Schlesinger: Nachdem das Finale vorbei war, hat man sich vielleicht mal zwei, drei Wochen gegönnt. Danach musst du daran arbeiten, die Wehwehchen aus der Saison weg zu trainieren oder behandeln zu lassen, und dann beginnt auch direkt die Vorbereitung auf die neue Saison. Wir müssen unseren Körper ja auch vorbereiten in Bezug auf Verletzungsprävention, Schnelligkeit, et cetera. Die meisten sind bei irgendeinem Kraft- und Ausdauercoach, ich bin bei Develop Athletes und Kevin Speer in Betreuung. Dort habe ich meine Gym-Sessions, auch zusammen mit vielen anderen Spielern, und versuche, mich bestmöglich auf die neue Saison vorzubereiten.