Carsharing-Projekt in Dormagen Vernetzt die Mobilität nutzen
Dormagen. · Mit einem Carsharing-Projekt ist die Stadt Dormagen einen großen Schritt in Richtung Mobilität der Zukunft gegangen.
Als Vorsitzender eines bundesweit agierenden Vereins zur Förderung der Elektromobilität weiß Ulrich Hopp, wovon er spricht: „Die Zukunft des Autos ist elektrisch, aber die Zukunft des Personentransports ist nicht das Auto.“ So skizziert der Hückelhovener seine Vorstellung, wie Mobilität mittelfristig funktionieren soll. Die Stadt Dormagen ist auf dem Weg dorthin schon einen wichtigen Schritt gegangen. Ein Anfang 2020 mit einer reinen Flotte an Elektro-Autos gestartetes Carsharing-Projekt soll eben nicht nur die Elektromobilität fördern, sondern auch für eine Vernetzung unterschiedlicher Verkehrsmittel und eine Veränderung im individuellen Mobilitätsverhalten sorgen.
Dass Dormagen schon so weit ist, verdankt es einem Klimaschutzkonzept, das bereits im Jahr 2011 auf den Weg gebracht wurde. Oberstes Ziel ist die Einsparung von CO², was zum Beispiel durch einen stetigen Ausbau umweltschonender Techniken zur Wärme- und Stromversorgung, aber eben auch durch einen Wandel im städtischen Fuhrpark erreicht werden soll. Um Letzteres in die Tat umzusetzen, taten sich die beiden städtischen Töchter Energieversorgung Dormagen (EVD) und Stadtbad- und Verkehrsgesellschaft Dormagen (SVGD) mit dem erfahrenen Carsharing-Dienstleister Cambio aus Köln zusammen.
Cambio stellt die Autos zur Verfügung, kümmert sich um das Buchungssystem und ist Vertragspartner für die Kunden, die EVD übernimmt die umweltfreundliche Stromlieferung sowie die technischen Dienstleistungen und die Pflege der Fahrzeuge, die SVGD bringt sich ein, indem sie mit Rabatten und attraktiven Angeboten dazu beiträgt, öffentliche und private Mobilität zu vereinen. Das Mobilitätskonzept des Trios war sogar so gut, dass es sich bei einer europaweiten Ausschreibung durchsetzte. Für den Zeitraum von 2018 bis 2021 wird es mit rund 600 000 Euro aus Landes- und EU-Mitteln gefördert.
Im Januar 2020 kam es zur Vertragsunterschrift, einen Monat später fiel dann der offizielle Startschuss. In einem ersten Schritt standen 18 E-Autos, ergänzt von Elektrofahrräder den Mitarbeitern des Stadtkonzerns, für dienstliche Fahrten zur Verfügung. Dann wurde das Angebot auf private Fahrten abends und am Wochenende ausgedehnt. Im September folgte Stufe drei, ab der dann auch jeder Bürger den Carsharing-Fuhrpark für seine Zwecke nutzen konnte. Da ist es hilfreich, dass die erste Station am Technischen Rathaus inzwischen um eine weitere im Parkhaus an der Nettergasse ergänzt wurde. Seit kurzem gibt es auch noch einen dritten Standort am Bahnhof, wo allerdings zwei konventionelle Verbrenner stehen.
Carsharing als
Ergänzung zum ÖPNV
Für Tanya Bullmann de Carvalho dos Santos, Prokuristin bei Cambio-Rheinland, ist das aber kein Widerspruch zur Grundidee, mit dem Mobilitätskonzept C0² einzusparen. „Die Ersparnis kommt dadurch zustande, dass sich langfristig das Fahrverhalten ändert. Und dazu brauchen wir eben alle Reichweiten.“ So sind theoretisch auch spontane Fahrten bis an Meer möglich, ohne sich unterwegs Gedanken über Lademöglichkeiten machen zu müssen. Carsharing stehe zudem generell nicht in Konkurrenz zum öffentlichen Nahverkehr, sondern sehe sich als Ergänzung. Deswegen kooperiere Cambio beispielsweise auch mit Verkehrsverbünden wie dem VRR und räumt deren Kunden Rabatte beim Carsharing ein.
Dass das Angebot mittlerweile für alle Dormagener zugänglich ist, hat auch damit zu tun, dass es sich unter den Mitarbeitern des Stadtkonzerns im Alltag bewährt hat. Wenn Dienstfahrten anfallen, können die elektrisch erledigt werden. Gewünschter Nebeneffekt: Niemand muss mehr mit dem privaten PKW zur Arbeit kommen, wenn er weiß, dass er sein Auto beruflich benötigt. Stattdessen kann er das eigene Fahrrad oder den Bus nutzen. Das macht zum Beispiel Mario Freyaldenhoven aus dem Ausländeramt so, der im Zentrum von Dormagen wohnt und gar kein eigenes Auto besitzt. Dass er das Angebot inzwischen auch privat nutzen kann, ist für den 25-Jährigen eine perfekte Ergänzung: „So kann ich auch mal größere Einkäufe erledigen.“
Stadtsprecher Jonathan Benninghaus verweist allerdings darauf, dass es für eine generelle Bewertung aus Sicht der Stadt noch zu früh sei, weil es wegen der Corona-Pandemie keine objektiven Ergebnisse geben könne: „Viele Mitarbeiter sind im Homeoffice und auch privat halten sich die Menschen eher zu Hause auf.“ Doch davon unabhängig, so der Stadtsprecher, stehe fest, dass die Stadt nach und nach ihren Fuhrpark an konventionellen Autos reduziert, es werden keine neuen Verbrenner angeschafft.
Auch für Cambio, der deutschlandweit 97 000 Kunden und 1840 Fahrzeuge an 594 Stationen im Angebot hat, kommt eine Bewertung des Standortes Dormagen viel zu früh. „Die Öffnung für Privatkunden kam zur Unzeit. Erst die Herbstferien und dann der zweite Lockdown“, sagt Tanya Bullmann de Carvalho dos Santos. Sie ist aber gespannt auf die Entwicklung, weil die Bürger in Dormagen als Flächengemeinde insgesamt noch sehr stark am eigenen Auto hingen. Die Voraussetzungen für eine Änderung seien aber geschaffen.