Generationen-Austausch 70 Jahre nach dem Triumph Grevenbroicher Schüler sprechen mit Zeitzeugen über das „Wunder von Bern“

Grevenbroich · Bei einer Projektwoche zum Thema Frieden haben sich Schüler des Pascal-Gymnasiums nun mit Senioren aus dem Haus St. Martinus ausgetauscht. Passend zur Fußball-EM ging es um das „Wunder von Bern“ 1954. Zeitzeugen berichteten den Kindern bei einem Kinobesuch, welche Erinnerungen sie an die Weltmeisterschaft vor 70 Jahren haben.

Haben das „Wunder von Bern“ im Grefi-Kino gesehen: Lehrer Philipp Janssen mit Schülerin Lilli Küpper vom Pascal-Gymnasium (links) mit dem Ehepaar Gunthart und Maria Scholz.

Foto: St.-Augustinus-Gruppe

Gefühlt ganz Deutschland fiebert mit der Fußball-Nationalelf – und hofft auf ein zweites „Sommermärchen“ bei der Fußball-Europameisterschaft im eigenen Land. Was in all dem EM-Trubel gern in Vergessenheit gerät: Fast auf den Tag genau vor 70 Jahren hat es zum ersten Mal in der bundesdeutschen Geschichte eine Fußball-Sensation gegeben. Das war bei der Weltmeisterschaft 1954, die in Deutschland als das „Wunder von Bern“ in die Geschichte einging. Die deutschen Fußballer, in der Nachkriegszeit Außenseiter im Turnier, konnten den Favoriten Ungarn im Finale am 4. Juli 1954 nach zwei Toren Rückstand mit einem 3:2 schlagen – ein legendärer Sieg, an den sich einige Zeitzeugen noch heute erinnern können.

Einer dieser Zeitzeugen ist der 85-jährige Gunthart Scholz, der im Betreuten Wohnen der Hauses St. Martinus in Wevelinghoven lebt. Er hatte das Glück, das Finale der Fußball-WM 1954 am Fernseher verfolgen zu können. Seine Erinnerungen an das „Fußballfieber“ jener Tage hat der Senior jetzt mit Schülern geteilt – und zwar bei einem Besuch im Grefi-Kino, wo der Film „Das Wunder von Bern“ gezeigt wurde. Organisiert worden war der Kinobesuch von der St.-Augustinus-Gruppe, die auch das Seniorenhaus in Wevelinghoven betreibt, und dem Grevenbroicher Pascal-Gymnasium. Hintergrund ist eine Projektwoche der Schüler.

Für die Kinder und Senioren war ein ganzer Kinosaal reserviert

Legendär: Fritz Walter und Horst Eckel werden nach dem Triumph auf Schultern getragen.

Foto: dpa

So war für die Kinder und die Senioren ein kompletter Kinosaal reserviert worden. Der Film „Das Wunder von Bern“ thematisiert nicht nur das Fußballturnier, sondern auch die Lebensumstände der Menschen in den 1950er Jahren, das Familienleben in der Nachkriegs- und Wirtschaftswunderzeit. „In der gemeinsamen Projektwoche mit dem Pascal-Gymnasium drehte sich alles um das Thema Frieden“, sagt Dirk Jansen, Leiter des Sozialen Dienstes im Haus St. Martinus. „Wir haben uns damit beschäftigt, wie Sport dazu beitragen kann, friedvoller miteinander umzugehen. Der Film bot eine gute Gelegenheit für den Austausch zwischen den Generationen.“

Gunthart Scholz und seine Frau Maria konnten das Finalspiel damals live verfolgen – Maria Scholz am Radio (so wie die meisten) und ihr Mann im Fernsehen. „Ich komme aus einer ländlichen Gegend im Ruhrpott“, sagt der fußballbegeisterte Gunthart Scholz. „In der Nachbarschaft wohnte ein Bergmann, der sich einen Fernseher leisten konnte.“ Damals hätten sich alle um den Apparat im Wohnzimmer versammelt, um das Finalspiel zu verfolgen. „Wir waren etwa 20 Leute“, sagt der Senior, der sich auch noch daran erinnert, dass sich unterhalb des Wohnzimmers ein Kuhstall befand. „Dadurch war es im Haus immer schön warm. Aber mit dem Geruch musste man eben leben.“

Ausgetauscht hat sich das Ehepaar Scholz jetzt mit mehreren Schülern, darunter mit der zehnjährigen Lilli. Die Fünftklässlerin sagt: „Ich habe viel darüber gelernt, wie sich der Fußball verändert hat und was den Menschen damals wichtig war. Zum Beispiel gab es viele ehemalige Kriegsgefangene – und die Menschen hatten nur kleine Fernsehbildschirme.“ Schülerinnen wie Lilli hörten den Senioren aufmerksam zu. „Es macht Spaß, sich mit den Kindern zu unterhalten“, resümiert Gunthart Scholz. Die Kooperation mit dem „Pascal“ sieht er als Bereicherung.

Gymnasiallehrer Philipp Janssen sagt, dass die Bereicherung auf Gegenseitigkeit beruht. „Gerade bei diesem Projekt war das Interesse der Schülerinnen und Schüler riesig“, berichtet er: „Es hatten sich so viele angemeldet, dass wir auslosen mussten, wer teilnehmen darf.“ Gunthart Scholz und Co. freuen sich derweil auf das nächste Spiel der deutschen Nationalelf, das diesen Freitag, 18 Uhr, angepfiffen wird. Im Stuttgarter Stadion trifft die Mannschaft auf Spanien – eine Partie, die viel Spannung verspricht. Wer wohl Europameister wird? Schülerin Lilli gibt sich diplomatisch: „Es wäre schön, wenn Deutschland gewinnt. Aber die anderen Mannschaften sind auch sehr gut.“