Inklusion: Raphaelschüler lernen in der Martinusschule

Seit dem Sommer besuchen auch 45 Raphaelschüler aus Meerbusch-Strümp die Martinusschule.

Foto: Stefan Büntig

Kaarst. Das gemeinsame Lernen nicht behinderter und behinderter Kinder soll Schulalltag werden. Es gibt gute Beispiele für Integration und Klassen, in denen die Inklusion funktioniert. Doch es gibt auch Stellen, da hapert es. Etwa bei Kindern, die emotional verhaltensauffällig sind. Wienke Sälzer ist jedenfalls davon überzeugt, dass diese Kinder besondere Arbeitsweisen brauchen, und sie kann zahlreiche positive Beispiele an ihrer eigenen Schule nennen.

Seit vielen Jahren leitet Wienke Sälzer die Martinusschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen. Träger der Kaarster Schule ist seit dem 1. August 2013 der Rhein-Kreis Neuss. Mit Beginn des Schuljahrs wechselten zudem 45 Kinder der Raphaelschule an die Halestraße. Nach mehr als 40 Jahren wurde die einzige Förderschule in Meerbusch geschlossen.

Die neue Schulgemeinschaft habe einen guten Start hingelegt, sagt Wienke Sälzer: „Es war für alle eine schwierige Phase, aber die Schüler haben den Übergang gut gemeistert.“ Die Meerbuscher Schüler hätten viel Bekanntes in Kaarst wiedergefunden, so dass es nur wenig Brüche gab.

Die Kinder und Jugendlichen der Sekundarstufe I aus Meerbusch werden morgens mit dem Bus nach Kaarst gefahren. Die Klassen wurden gemischt. Viele Schüler hätten erstaunlich schnell neue Freundschaften geschlossen. 118 Jungen und Mädchen besuchen die Förderschule in Kaarst.

Das Kollegium umfasst 27 Lehrer. Einige unterrichten auch in integrativen Lerngruppen an anderen Schulen. Durch die Zusammenlegung habe die Martinusschule ihr Profil schärfen können, meint die Schulleiterin. „Alles, was wir bisher gemacht haben, kam auf den Prüfstand.“

Ein wichtiger Schwerpunkt sei der Übergang von der Schule ins Berufsleben. So nehmen die Jugendlichen der Klasse 7 an einem Praktikum in den Werkstätten des Berufsförderungszentrums Schlicherum teil. Davon profitierten jetzt auch die Meerbuscher. Im Gegenzug hat die Schule die gute technische Ausstattung der Raphaelschule hinzugewonnen — wie etwa eine digitale Tafel.

Die Inklusion von verhaltensauffälligen Kindern mit einem Förderbedarf in der emotionalen und sozialen Entwicklung kann an einer allgemeinen Schule schwierig sein. Oft droht die komplette Schulverweigerung. Diese Kinder machen hier durchweg gute Erfahrungen, sagt Wienke Sälzer: „Jedes Kind braucht individuelle Förderung.“

Im Idealfall unterrichtet ein Lehrer mehrere Fächer. Eine feste Bezugsperson sei wichtig. Zudem gibt es Einzeltische, die Schüler stören einander weniger, lassen sich nicht so leicht ablenken. Wenn ein Schüler ständig durch die Klasse laufe oder reinrufe, sei dass ein Zeichen dafür, dass das Kind emotional überfordert sei. „Diese Schüler haben ein hohes Maß an Frustration und kommen selbst nicht damit klar“, sagt die Schulleiterin.

„Wir müssen uns fragen, was können wir ändern, damit sich die Schüler ändern.“ Die positiven Entwicklungen sehe sie stündlich, sagt Sälzer. „Wir sind ein kleineres System, die Möglichkeiten sind individueller, so dass wir flexibler auf schwierige Situationen eingehen können.“

Hund Smilla ist regelmäßig zu Besuch. Im Unterricht wird Smilla gestreichelt, bekommt Leckerlis. „Der Hund schafft eine besondere Lernatmosphäre“, sagt Sälzer. 24 Schüler nehmen in zwei Gruppen am Ganztag teil. Es gibt eine eigene Küche. Zum schulischen Konzept gehören auch Ergo- und Logotherapie.

Deutsch als Zweitsprache wird ebenfalls unterrichtet. In der Unterstufe liegt die Klassengröße bei zehn Kindern. Der Notendruck ist ein anderer, bis zur Klasse 10 können die Förderschüler nicht sitzen bleiben. Es gibt jahrgangsgemischte Klassen. Den Hauptschulabschluss schaffen 25 Prozent der Schüler.

“ Am Samstag, 18. Januar, lädt die Martinus-Förderschule von 9 bis 12 Uhr zu einem Tag der offenen Tür ein. Interessierte können am Unterricht der Klassen U1 bis 10 teilnehmen. Es gibt Informationen zu allen Förderangeboten und Kooperationspartnern der Schule.