Narren kennen kein Pardon
Drei, zwei, eins: Karneval! Die Jecken stürmen im Kreis die Rathäuser.
Kaarst. Weiberfastnacht. Frauen an die Macht. Das Narrenvolk tobt: Mit einer leichten zeitlichen Verzögerung eroberten die Möhne in Kaarst den Rathausschlüssel und entmachteten den kompletten Verwaltungsvorstand, der zur Verteidigung der heiligen Rathaushallen angetreten war.
Zuvor gab es jedoch schon einiges für die obersten Bürgervertreter zu tun, denn der Veedelszoch der Matthias-Claudius-Schule an der Grünstraße erreichte gegen 10.50 Uhr den Neumarkt, und die Kinder feierten vor dem Rathaus fröhlich mit. Vertreter der Karnevalsvereine und der Stadtspitze hatten reichlich Wurfmaterial mitgebracht. Gemeinsam sangen die Jecken Lieder, tanzten und schunkelten sich in Stimmung.
Bürgermeister Franz-Josef Moormann forderte alle auf, schwungvoll die Körper kreisen zu lassen, und verbreitete beste Stimmung bei recht gutem Wetter. Nur allzu bereitwillig griffen der Stadtchef, seine Stellvertreterin Anneli Palmen und Kämmerer Heinz Dieter Vogt in die Bagagesäcke, um die Kamelle in die jubelnde Menge zu schleudern.
Wohl ahnend, was ihn an Altweiber erwartete, hatte Franz-Josef Moormann ein Kinderlied umgetextet und sang: „Wir werden uns wehren, doch eines ist klar, die weiblichen Kräfte sind heute der Star.“ Den Weg ins Rathaus musste die Stadtspitze im Eilschritt zurücklegen, denn eine aufgebrachte Menge wild gestikulierender Frauen verfolgte sie.
Der Verwaltungschef verteidigte seinen Amtssitz mit vollem Körpereinsatz, doch die Kaarster Obermöhne Ulla Bussmann setzte ihre jahrelange Erfahrung im Kampf um die Macht ein und verstand es, innerhalb von Sekunden den Stadtschlüssel in Besitz zu nehmen. Ihr Gefolge eroberte dann auch die Rathausgalerie, wo dann obendrein auch Stadtkämmerer Heinz Dieter Vogt die Stadtkasse entrissen wurde. Mit vollen Händen brachten die Damen hunderte Goldtaler unters Volk.
Obwohl Vogt diese letzte Reserve erst kurz zuvor mit hohem Zins bei der Sparkasse geliehen hatte, kannten die Narren kein Pardon. Dann hieß es feiern — nach Art der neuen Machthaber. . . Mit akrobatischen Tänze, Dauerlächeln und Spagat eroberten auch die Tänzer der Kaarster Narrengarde das Publikum im Sturm. Der Stadtchef dankte indes nicht ab, sondern forderte die Narren heraus: „Zum Karneval gehört schunkeln, hakt Euch unter und macht mit.“ Helau!