Wiederhold sitzt wieder im Sattel

Die letzte Etappe der 36 000 Kilometer langen Radtour von Swinde Wiederhold beginnt.

Kaarst/Canmore. Ein langer, aber auch ereignisreicher Winter liegt hinter Swinde Wiederhold. Fast sieben Monate musste die Abenteurerin in Kanada pausieren. Die 25-jährige Kaarsterin ist seit Dezember 2010 auf einer Radtour von Feuerland nach Alaska. Insgesamt 36 000 Kilometer — den kompletten amerikanischen Kontinent — hatte sich die junge Polizistin vorgenommen, als sie vor zweieinhalb Jahren in Kaarst aufbrach.

Nach der Winterpause ist sie jetzt zu ihrer letzten Etappe aufgebrochen: Von Canmore, Kanada, nach Prudhoe Bay im Norden Alaskas. Knapp 6000 Kilometer liegen in Kanada und Alaska noch vor ihr.

Rückblick: Im Oktober war die junge Frau in Canmore angekommen. An ein Weiterfahren war nicht zu denken, denn mit dem Rad die verschneiten Pässe der Rocky Mountains zu überqueren, war unmöglich. Nach Deutschland fliegen und im Frühjahr die Tour fortsetzen, kam nicht in Frage, also blieb nur: Warten bis es taut. Und das kann im Norden Amerikas dauern. „Ich habe mir diesen Schritt gründlich überlegt. Ich wollte die Länder, Landschaften und Menschen genießen und richtig kennen lernen. Einfach nur durchfahren, kam für mich nicht in Frage“, sagt sie.

Ein Dach über dem Kopf gab ihr das deutsch-amerikanische Ehepaar Heather und Jörg Wilz. „Jörg besitzt eine Bergführer-Firma. Vor meiner Ankunft in Kanada habe ich mich im Internet über mögliche Anlaufstellen informiert und bin so auf den gebürtigen Deutschen aus Heidelberg gestoßen“, berichtet Wiederhold. „Er hat mich für ein paar Tage zu sich nach Hause eingeladen und mich mit einigen Freunden bekanntgemacht.“ Daraus ergaben sich nicht nur weitere Schlafmöglichkeiten, sondern auch die ein oder andere Wohnmöglichkeit als House-Sitter.

Die Winterpause bot einen Vorgeschmack auf das „normale Leben“, das die Abenteurerin wohl auch in Deutschland wieder erwarten wird. „Die ersten Wochen waren zäh. So richtig konnte ich mich nicht daran gewöhnen, nicht mehr ständig unterwegs zu sein. Nach wenigen Tagen langweilte ich mich bereits.“

Doch dann entdeckte die 25-Jährige ihre Liebe zum Wintersport. Und das ausgerechnet durch Langlaufolympionikin Beckie Scott. Über ein Job-Inserat wurde Scott auf die junge Deutsche aufmerksam, da sie einen Babysitter für ihre beiden Kinder suchte. In jeder freien Minute ging es für Wiederhold zum Skifahren. Und im Dezember konnte die Kaarsterin sogar hautnah beim Ski Cross Country World Cup in Canmore dabei sein.

Ende April war es dann endlich soweit. Der Schnee taute und Swinde Wiederhold konnte Rad und Ausrüstung startklar machen. Der Abschied von neu gewonnenen Freunden fiel ihr schwer. Aber der Drang nach dem Abenteuer war größer als die Trauer. Während ihres Aufenthalts hatte die 25-Jährige viel über die Zeit nach der Reise nachgedacht und sich etwas in den Kopf gesetzt: „Ich kann mir nicht vorstellen, mich in den Flieger zu setzen und in Deutschland wieder ausgespuckt zu werden“, sagt sie.

So will Swinde Wiederhold im August oder September einen Flug nach Portugal nehmen und dann über Spanien und Frankreich zurück nach Kaarst zu fahren. „Ich will mein Fahrrad vor der Mietwohnung meiner Eltern abstellen und selbst meine Taschen hineintragen. Und was dann kommt, wird sich zeigen: „Ich habe so viel positive Lebenserfahrung sammeln können, dass ich mir nicht allzu viele Sorgen über meine Zukunft mache.“