Kirche ist uneins über Neubau für Pfarrer
Im Vorstand von St. Hildegundis wurde über die Erweiterung der Neuen Vikarie diskutiert. Am Ende muss auch die Stadt entscheiden.
Ein geplanter Neubau an die Neue Vikarie in Osterath im Kirchenvorstand von St. Hildegundis soll für breite Diskussionen gesorgt haben. Das Haus an der Kirchstraße 27 soll baulich verändert werden, damit dort der Ortspfarrer Norbert Viertel einziehen kann. Der bestehende denkmalgeschützte Altbau soll dafür um einen Kubus im Bauhaus-Stil und eine Garage ergänzt werden. Intern wurde im Kirchenvorstand allerdings heftig diskutiert, ob mit der künftigen Fläche von rund 160 Quadratmetern nicht zu viel Platz für nur einen einzigen Bewohner zur Verfügung stünde.
Pfarrer Norbert Viertel wollte gestern inhaltlich nicht Stellung nehmen und verwies darauf, dass der Kirchenvorstand geheim tagt. Sein derzeitiger Wohnsitz, das Pfarrhaus an der Hochstraße 13, soll veräußert werden. Ob er allerdings an die Kirchstraße 27 zieht oder ob das Objekt vermietet wird, sei noch nicht abschließend geklärt. Viertel hatte jedoch dem Vernehmen nach den Wunsch geäußert, dass nach der Sanierung sowohl ein Gästezimmer mit Nasszelle als auch ein Empfangsraum zur Verfügung stehen. Ein 34-Quadratmeter-Anbau im hinteren Teil wird abgerissen. Er soll durch den rund 60-Quadratmeter-Kubus ersetzt werden.
Derzeit steht die Neue Vikarie leer, nachdem dort jahrelang der 2014 verstorbene Osterather Pfarrer Johannes Brüggemann gewohnt hatte. Der Kirchenvorstand suchte nach Nutzungsmöglichkeiten für das Objekt. Die Gremiumsmitglieder entschieden sich am Ende für die große Ausbauvariante, weil an die Zukunftsperspektive der Immobilie gedacht werden soll. So soll die Vikarie perspektivisch auch dann als normaler Wohnraum, etwa für eine Familie, genutzt werden können. Die Kirchengemeinde St. Hildegundis ist wie viele Pfarren im Bistum gezwungen, ihren Immobilienbestand zu optimieren.
Erstmals öffentlich diskutiert wird der Ausbauplan im nächsten Planungsausschuss. Die Politik muss sich dort mit der Frage beschäftigen, ob der Bauhauskubus erlaubt werden kann. Der Fall erinnert an die Bistumstadt Limburg — dort waren ebenfalls Gebäude in moderner Formensprache an die historische Limburger Vikarie angebaut worden.
Die Politik hat noch kein einheitliches Meinungsbild. Als kritisch wird gesehen, dass das Flachdach eigentlich gegen die Gestaltungssatzung von Osterath verstößt. Die Stadt betont in ihrer Vorlage für den Planungsausschuss aber, dass gerade mit der Kubus-Bauweise der solitäre Charakter des Baudenkmals gewürdigt werde, indem der neue Baukörper in seiner Architektursprache zurückhaltend gestaltet wird. Die Wahl der Dachform ordne sich dem Denkmal unter und entspreche der gewollt zurückhaltenden Architektursprache. Die städtischen Meerbuscher Denkmalpfleger schreiben: „Die Verwaltung hat keine Bedenken gegen die Erteilung der Abweichungen, da sie diese für städtebaulich vertretbar hält. Die Abweichungen sind unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar.“ Auch sei die Abstimmung mit der Unteren Denkmalbehörde und dem Amt für Denkmalpflege im Rheinland erfolgt.
Die Neue Vikarie ist in den Jahren 1872/1873 als Ersatz für das alte Vikarie-Gebäude an der Hochstraße 20 errichtet worden, direkt hinter dem Chor der Pfarrkirche St. Nikolaus. Seit 1987 steht das Objekt auf der Denkmalliste der Stadt Meerbusch. Wie der Denkmalexperte Bernd Limburg erklärt, ist der alte Bau geprägt von der offiziellen Baupolitik des damaligen Erzbistums Köln und in neugotischer Form gebaut. 1985 bis 1986 war das Gebäude restauriert und die historische Fassade wieder hergestellt worden.
Es gibt Auflagen, die die Stadt der Kirche als Bauherren macht: Das Material der Außenhaut sei so zu wählen, dass sich die bauliche Anlage in die Baustoffkultur der historischen Umgebung einfügt. „Die Farbgebung der Putzfassade hat sich an die Putzelemente des Hauptgebäudes zu orientieren.“ Hier hat die Stadt offenbar aus dem Streit um die alte Osterather Vikarie neben der Depesche gelernt. Dort hatten die Politiker während der laufenden Sanierung darüber diskutiert, welcher Putz aufgetragen werden könnte.