Feinkost-Händler in Büderich Nach Brand: Bos Food beliefert wieder
Weil das ganze Team mit angepackt hat, verlassen die Waren wieder das Lager.
Von außen betrachtet herrscht einfach nur ein gigantisches Chaos: Zwischen Kisten und Kartons, Lebensmitteln, Küchenutensilien und Lieferscheinen muss Mark Sauer den Überblick behalten. „Das ist die große Herausforderung“, sagt der 30-Jährige, der mitten im Trubel steht, mitten im Lager der Firma Bos Food an der Grünstraße in Büderich. Es herrscht ein riesiges Stimmengewirr, Kartons werden gestapelt, überall sind Waren in Bewegung, alle rufen sich etwas zu, es muss schnell gehen. Die Kunden in ganz Deutschland warten schließlich auf alle möglichen Delikatessen. Lager-Mitarbeiter Mark Sauer vervollständigt eine Lieferung nach der anderen. Dass es in dieser Woche zwischen den Regalen von Bos Food hektischer als sonst zugeht, hat einen triftigen Grund: „Wegen des Brandes sind es extrem viele Lieferungen, die nachträglich vervollständigt werden müssen, weil wir auf die Waren aus unseren Außenlagern warten müssen“, sagt Sauer. Auf diese Außenlager musste das Büdericher Feinkost-Unternehmen am Wochenende in einer Hau-Ruck-Aktion ausweichen, da in der Nacht zu Samstag rund 20 Prozent des gesamten Lagerbestands abgebrannt sind.
Ein technischer Defekt soll das Feuer ausgelöst haben
Ein technischer Defekt soll das Feuer in einem von sieben Lagern der Firma ausgelöst haben. „Betroffen sind Weine, Schokolade, Kühl- und Tiefkühlwaren“, sagt Inhaber Ralf Bos, dem es gelingt, in all dem Trubel einen kühlen Kopf zu bewahren. Er spricht vom „Wunder von Meerbusch“: Seinem Team ist es gelungen, binnen drei Tagen wiederum 80 Prozent der abgebrannten Waren neu zu organisieren. Dafür haben zahlreiche Mitarbeiter am Wochenende Extra-Schichten geschoben, Lieferanten angerufen und Aufträge verschoben.
Jetzt läuft wieder alles, wenn auch chaotischer als sonst. „Zum Glück sind Kavier und Lachs vom Feuer verschont geblieben“, sagt Nachfasser Mark Sauer, während er Kiste für Kiste vervollständigt und an Versand und Abholung übergibt. Die Brand-Katastrophe von Freitagnacht, bei der Waren im Wert von rund 870.000 Euro verbrannt sind, fällt ausgerechnet ins ohnehin stressige Weihnachtsgeschäft bei Bos Food. „Als wir von dem Feuer erfahren haben, waren wir alle fassungslos. Jetzt läuft der Betrieb reibungslos. Manchmal weiß ich gar nicht, wie wir das alles schaffen. Aber wir schaffen es“, sagt Kommissioniererin Claudia Berger.
Die rund 200 Mitarbeiter haben sich laut Berger zusammengeschlossen und fühlten sich nach dem Brand mehr denn je wie eine große Familie. „Es muss ja weitergehen“, sagt sie. Das sieht auch Liodmila Tkatchenko so. Sie arbeitet in einem separaten Bereich des Feinkost-Lagers, in dem etwa edler Schinken lagert. Vom Brand an sich hat sie nicht viel mitbekommen; sie arbeitet prinzipiell so wie vor der Katastrophe. Die Bestellungen der Endverbraucher und Gastronomen erreichen sie über ein Bestell-Papier, das aus dem Drucker kommt. Wie an einer Ladentheke gibt sie die Bestellungen aus ihrem Bereich auch an sogenannte Abholer weiter, an Mitarbeiter wie Oleg Skorikov. Er steuert die einzelnen Lager gezielt an und sammelt die Waren ein, die die Kunden bestellt haben. „Pro Tag laufe ich rund 15 Kilometer“, sagt der 22-Jährige, der bei Bos Food eine Ausbildung zum Groß- und Außenhandelskaufmann absolviert hat.
Bis zu 20 Tonnen Ware kommen pro Tag bei dem Büdericher Feinkost-Spezialisten an, darunter auch große Mengen Trüffel und andere Leckereien. „Nase und Augen schauen beim Kunden immer mit aufs Produkt“, sagt Michael Kirschbaum, während er Lachs-Packungen mit dem Bos-Label versieht. Der gelernte Gastronom ist im Bereich der Qualitätssicherung eingesetzt und hat mit ein Auge auf die Produkte, die die Hallen des Betriebs in Büderich verlassen. „Hier muss alles 100 Prozent sein“, sagt er.
Aus Sicht des Chefs Ralf Bos übertrifft das, was seine Mitarbeiter in den vergangenen Tagen geleistet haben, die 100-Prozent-Marke bei Weitem. Sie haben dafür gesorgt, dass das Geschäft kurz vor Weihnachten wieder vollständig funktioniert. Einen entscheidenden Beitrag, sagt Bos, haben jedoch auch die vielen Lieferanten geleistet. Keiner habe sein Unternehmen hängen lassen. „Es gab sogar Lieferanten, die uns ihre Produkte mit eigenen Lkw vorbeigebracht haben“, sagt er. Und er ist sicher: Der Samstag vor Weihnachten 2018 wird ihm und seinem Team noch lange in Erinnerung bleiben.