Umwelt in Meerbusch Neue Tümpel durch steigendes Grundwasser

Meerbusch · Steigendes Grundwasser kann ein Problem für die Keller werden. An einigen Stellen haben sich sogar temporäre Gewässer gebildet.

In Meerbusch sind an mehreren Stellen durch steigendes Grundwasser vorübergehend kleine Gewässer entstanden. Die Anwohner sorgen sich wegen des stehenden Wassers.

Foto: RP/Dominik Schneider

Von seinem Garten aus kann Lutz Dreesbach das Wasser sehen. Der Lanker wohnt am Ortsrand, direkt am Bett des Langenbruchbachs. Dieser lag in den 25 Jahren, in denen Dreesbach hier lebt, die allermeiste Zeit trocken. Seit einigen Monaten führt er jedoch wieder Wasser. Mehr noch: Auch die große, angrenzende Wiese ist seither überschwemmt. Für die Anwohner ist der Tümpel vor der Haustür jedoch Anlass zu mehr Sorge als Freude.

Im Süden von Lank hat sich auf einer Fläche von gut 2700 Quadratmetern seit Ende des vergangenen Jahres ein Tümpel gebildet. Die Gräser ragen teils aus dem Wasser, auf der Oberfläche haben sich Schwimmpflanzen gebildet. In dieser – für die direkte Siedlungsnähe untypischen – Landschaft hat in den vergangenen Tagen eine Entenfamilie gebrütet. „Das fanden wir natürlich sehr nett“, sagt Anwohner Dreesbach. Die Gärten der Nachbarschaft liegen etwas erhöht über der Fläche außerhalb des bebauten Gebietes. Abends spiegelt sich die Sonne auf dem neuen Tümpel. Doch in ihrem Licht haben die Lanker nicht nur süße Entenküken gesehen. „Wir beobachten auch große Nagetiere, wahrscheinlich Nutrias oder Bisamratten“, erzählt Dreesbach und zeigt Fotos der schwimmenden Tiere. Gerade Nutrias sind eigentlich in Deutschland nicht heimisch, fühlen sich in der Nähe von Seen, Flüssen und Tümpeln aber wohl. Sie bauen ihre Unterschlüpfe in Uferböschungen und können diese langfristig sogar destabilisieren, weshalb in vielen Gemeinden Jagd auf sie gemacht und der Abschuss sogar mit einem sogenannten Schwanzgeld belohnt wird.

Auch haben die Lanker bereits festgestellt, dass es mehr Mücken als sonst um diese Jahreszeit gibt. Viele Mückenarten brüten in stehenden Gewässern – entsprechend sind die neuen Tümpel hier willkommene Lebensräume, und die Nachbarn fürchten im Sommer eine wahre Plage.

Der Grund dafür, dass die Wiese in Lank überschwemmt ist, dürfte im gestiegenen Grundwasserspiegel der vergangenen Monate liegen. Das Jahr 2023 war das niederschlagsintensivste Jahr seit Beginn der Datenerfassung“, sagt Andreas Apsel, Technischer Beigeordneter der Stadt Meerbusch. Auch im Spätwinter und Frühjahr gab es mehr Regen als in den vergangenen, tendenziell sehr trockenen Jahren, üblich. Diese Niederschläge versickern im Boden und füllen die unterirdischen Grundwasserspeicher. Das Grundwasserlevel steigt an. In vielen Teilen von Meerbusch steht das Grundwasser inzwischen zwei Meter unter der Geländekante – teils noch weniger. „Das bedeutet zum Beispiel für einen Keller mit einer üblichen Stehhöhe von 2,30 Metern zuzüglich Deckenstärke und Kellerplatte, dass er aktuell bis zu 70 Zentimeter und mehr im Grundwasser stehen kann. Wenn der Keller dann nicht ordnungsgemäß und fachgerecht abgedichtet ist, dringt zwangsläufig Wasser ein“, erklärt Andreas Apsel.

Aufgrund der rheinnahen Lage der Stadt Meerbusch und entsprechend verhältnismäßig hohem Grundwasser waren Hausbesitzer schon immer gut beraten, sich mit dem Thema Grundwasser zu befassen. Gängigste Lösung ist die sogenannte Weiße Wanne, eine Konstruktion aus Stahlbeton, die das Haus gegen Wasser aus dem Untergrund abdichtet. Eine solche oder ähnliche bauliche Vorsorge ist in Niederungen oder feuchten beziehungsweise sumpfigen Gebieten – einem sogenannten Bruch – vorgeschrieben.

Das Grundwasser wurde für den Braunkohle-Tagebau abgepumpt

Dass die Grundwasserstände nun steigen, liegt, wie die Meerbuscher Stadtverwaltung betont, außerhalb ihres Einflussbereichs. Die Stadt betreibt kein aktives Management, die sogenannte Grundwasserhaltung. Ein Abpumpen der Wasserstände wäre in Anbetracht der aktuellen Gegebenheiten nicht erfolgversprechend, vor allem aber ein auch bedenklicher Eingriff in die Grundwasserströme mit ökologischen Folgen.

Historisch zeigt sich auch in Meerbusch, was passiert, wenn das Grundwasser sinkt. So wurde über viele Jahrzehnte Grundwasser für den Braunkohle-Tagebau abgepumpt, wodurch auch in Meerbusch die Stände merklich sanken. Viele zuvor nasse Flächen fielen dadurch genauso trocken wie die Betten von Bächen und alten Rheinarmen, etwa dem Stinkgesbach in Büderich oder dem Lanker Langenbruchbach.

Dessen Anwohner werden sich vorerst mit dem neuen Gewässer abfinden müssen. Wie die Stadt betont, war diese Fläche schon immer feucht, was jedoch in den Dürrejahren nachgelassen hatte. Gerade deswegen liegen die Häuser im Vergleich zum Vorland merklich erhöht. Zeitweise Überschwemmung ist jedoch in Rheinnähe ein natürlicher Prozess, der sich sogar in vielen Ortsnamen durch die Silben -bruch oder -broich niedergeschlagen hat. Die Stadt beurteilt solche Feuchtgebiete, die durch die Folgen des Tagebaus sowie der Trockenlegung für die Landwirtschaft selten geworden sind, als wertvolle Biotope und sieht keine Gesundheitsgefahren durch das stehende Wasser. Vielmehr können sich hier viele Tier- und Pflanzenarten niederlassen, die in der modernen Kulturlandschaft wenige Refugien finden. Zudem ist davon auszugehen, dass die Grundwasserstände zum Sommer hin wieder sinken und so auch die temporären Gewässer verschwinden.