Meerbusch Sonja Mataré – Ein Leben für die Kultur
Büderich. · Mit 94 Jahren ist die Tochter des berühmten Bildhauers Ewald Mataré in Büderich verstorben. Sie wird am Dienstag beigesetzt.
Die Erinnerungen an die Kindheit waren bis ins hohe Alter ganz klar. „Ich wurde auf der Straße in Büderich ausgelacht, ‘Buchse jries‘ riefen die Kinder“, erzählte Sonja Mataré 2017 in einer Gesprächsrunde. Jetzt ist die Goldschmiedin und Tochter des Bildhauers, Medailleurs, Grafikers und Malers Ewald Mataré nach einer kurzen Krankheit im Alter von 94 Jahren gestorben. Am 9. August 1926 in Aachen geboren, kam Sonja Mataré mit ihren Eltern 1932 von Berlin nach Meerbusch. Zum 90. Geburtstag ließ sie überzeugt wissen: „Büderich ist längst meine Heimat geworden.“
Hier hat sie die Kindheit verbracht, war eng in den Künstlerhaushalt eingebunden und ließ ihr Leben von dem Vater – „er war liebevoll und zärtlich“ – prägen.
Aber sie fand auch ihren eigenen künstlerischen Weg, fertigte freischaffend in der Werkstatt im Elternhaus an der Dückersstraße - nahe des von dem Vater entworfenen Brunnens und der Mataréstraße - Schmuck und Objekte an und wurde für einige Stücke 1953 im Rahmen der X. Mailänder Triennale ausgezeichnet.
Beuys und Heerich gingen
im Atelier ein und aus
Knapp 70 Jahre lebte Sonja Mataré bis zu ihrem Tod in dem Atelierhaus. Dort gingen während der Zerstörung der Kunstakademie in Düsseldorf im Zweiten Weltkrieg die Studenten ihres Vaters, Dozent der Kunstakademie, ein und aus.
Dazu gehörten bedeutende Schüler wie Erwin Heerich (1922-2004) und Joseph Beuys (1921-1986). Die jungen Menschen Sonja und Joseph verband unter anderem die Liebe zur Natur. Beuys brachte häufig in einem Briefumschlag Sämereien mit und vergrub sie unmittelbar am Atelierhaus in der Erde.
Diese Wiese und viele der wildwuchernden Pflanzen umgeben noch heute das Haus. In dem Garten steht auch ein 1950 gepflanzter Ginkgo-Baum. Er hatte für die junge Mataré eine besondere Bedeutung, erinnerte sie an ihre Freundschaft in der Kindheit zu Monika, Tochter der Familie des Publizisten Wernher Witthaus, die im Gartenflügel des Klosters Meer wohnten. Schon damals liebte sie den rund 250 Jahre alten „lieben Ginkgo“ im Park und verfasste für ihn angesichts der zunehmenden Schäden einen „Bittbrief“.
In ihrem 2016 erschienen Buch „Sonja Mataré. Erinnerungen“ geht sie auf viele Eckpunkte ihres Lebens ein. Heribert Schween, Vorstand Meerbuscher Kulturkreis (MKK) e.V., erinnert sich: „Sonja Mataré hat sich sehr liebevoll und interessiert für die Kultur eingesetzt. Auch während der MKK-Veranstaltungen wie dem Kulturstammtisch im März 2016 oder den Freitagabendgesprächen im Oktober 2017 drehte sich alles um ihr bewegtes Leben."
Der MKK steht auch hinter der Auslobung des Mataré-Förderpreises. Er wurde 2015 anlässlich des 50. Todestages von Ewald Mataré an den jungen Bildhauer Benjamin Zanon an der Kunstakademie vergeben. „Eine kleine MKK-Abordnung war mit Sonja Mataré, die den Förderpreis spontan um 200 Euro auf 1200 Euro erhöhte, vor Ort“, erzählt Heribert Schween. Wie breit gefächert das kulturelle Interesse während der gesamten Lebensjahre war, lernten auch Ludwig und Ilse Petry (MKK) kennen: „Wir waren privat befreundet, hatten sie durch Dorothee Andres, Witwe des Dichters Stefan Andres, kennengelernt. Sonja Mataré war eine beeindruckende, charmante Künstlerin.“
Dass der künstlerische Nachlass ihres als „einer der bedeutendsten deutschen Bildhauer des 20. Jahrhunderts“ in die Geschichte eingehenden Vaters in Meerbusch keinen Platz gefunden hat, konnte Sonja Mataré nicht verstehen. Sie bedauerte: „In dieser reichen Stadt gibt es keinen Ort für die Kunst, kein Museum.“
Und so gab die Tochter den gesamten Nachlass bereits 1988 in die Obhut des Museums Kurhaus Kleve und übernahm die wissenschaftliche Bearbeitung eines großen Teils der Werke.
Am Dienstag wird Sonja Mataré auf dem Büdericher Friedhof in dem Ehrengrab der Familie neben den Eltern Hanna und Ewald ihre letzte Ruhe finden.