Mehrweggeschirr wird nicht angenommen Wirt zu Mehrweg-System: „Die Leute haben keinen Bock darauf!“
Büderich · Der Gesetzgeber verlangt seit dem 1. Januar von den Gastronomen, Mehrweggeschirr für den Außer-Haus-Verkauf bereitzuhalten. Die Meerbuscher Gäste nutzen dieses umweltfreundliche Angebot noch nicht.
Gulasch-Wirt Alex Georgiadis bringt es auf den Punkt: „Die Leute haben keinen Bock darauf!“ Das ist sein Resümee nach zwei Monaten Probezeit für das von ihm angeschaffte Mehrweggeschirr der Firma Relevo. Auch Emanuel Da Silva von der Gaststätte Camino an der Grünstraße in Büderich ist nach den ersten Wochen überrascht. „Die Leute interessieren sich für das Angebot, bestaunen die gute Qualität des Geschirrs, nehmen die Flyer mit. Aber ausleihen tut keiner das Geschirr.“ Die Gastronomen warten auf den ersten nachhaltigen Gast.
Zum Hintergrund: Seit dem 1. Januar verlangt der Gesetzgeber von gastronomischen Betrieben ab einer bestimmten Größe die Bereitstellung von Mehrweggeschirr. Die Wirte müssen das Geschirr bereitstellen, damit gerade für das Außer Haus-Geschäft weniger Einmalgeschirr und somit weniger Müll anfallen. Da Silva und Georgiadis haben sich Anfang des Jahres eingehend bei den unterschiedlichen Anbietern von Mehrweggeschirr informiert und sich für ein Start-up aus München entschieden. Dabei funktioniert die Ausleihe über die Relevo-App denkbar einfach. Die App wird aufs Smartphone runtergeladen, das Essen wird bestellt oder selber im weißen Mehrweggeschirr mit schwarzem Deckel abgeholt, der Code auf dem Gefäß wird gescannt und dann kann der umweltfreundliche Genuss beginnen. Spätestens nach 14 Tagen müssen die Behältnisse, die spülmaschinen- und mikrowellenfest sind, gespült bei einem teilnehmenden Partner zurückgegeben werden. Das Ganze funktioniert für den Nutzer kostenfrei.
Die Gastronomen jedoch mussten das Pfandgeschirr anschaffen. „Ich habe drei Größen gewählt. Für Suppen, Salate und ein Zweikammergefäß“ sagt Emanuel Da Silva. Das robuste und fest schließende Geschirr hat er auf seiner Theke platziert, die kleinen Flyer liegen aus und ein Button klebt auf der Eingangstür. „Gäste bekunden ihr Interesse, finden das gut, was wir machen. Aber bislang hat noch niemand das Geschirr genutzt“, sagt der Camino-Wirt enttäuscht. Lieber kämen die Kunden mit eigenen Töpfen und Dosen, um Essen abzuholen. Und beim „Doggy-Bag“ – wenn Reste für daheim eingepackt werden – wollen alle immer die klassische Aluschale, die später im Müll landet.
„Ich achte auf Müllvermeidung“, sagt Da Silva. Küchenreste wandern so in den „Schweineeimer“ und Kerzen werden ohne Reste ausgebrannt. Da seien nur Kleinigkeiten, aber wenn jeder mitmache, könne sich einiges ändern. So war er auch von der Mehrweggeschirr-Idee sofort begeistert. Er steht voll dahinter und preist sie immer wieder an. Aber niemand steigt darauf ein.
Wirte können Zurückhaltung
der Gäste nicht verstehen
„Ich glaube, die sind alle zu gemütlich geworden“, meint Da Silva. Bei den älteren Kunden könne er noch verstehen, wenn diese sich nicht die App runterladen und sich mit Kreditkarte registrieren lassen wollten. Aber für die Jungen, und davon hat er viele unter seinen Stammgästen, sei eine App mehr auf dem Handy doch kein Problem.
Bislang sind Georgiadis und Da Silva nicht von der Gewerbeaufsicht kontrolliert worden. Beide wollen bei dem Angebot für ihre Kunden bleiben. Aber verstehen können sie die Zurückhaltung der Meerbuscher nicht. „Wir weisen sogar bei Bestellungen am Telefon auf das Mehrweggeschirr hin“, sagt der Gulasch-Wirt. Doch mehr als die nachhaltige Möglichkeit anzupreisen könne er nicht. Hier sei der Gesetzgeber gefragt. So könnten Einwegprodukte extrem viel teurer verkauft werden, die Anschaffung des Mehrweggeschirrs für die Gastronomen bezuschusst werden. „Vielleicht braucht es aber auch einfach nur Zeit“, meint Da Silva. Die Komfortzone werde trotz aller Nachhaltigkeit und Umweltschutzbemühungen nicht gerne verlassen. Auch sollte das Pfandsystem in Meerbusch ein engeres Netz bilden, dann werde die Rückgabe einfacher.
Aber ausprobieren sollten die Meerbuscher das Angebot doch einmal: Die Suppe bleibe in der weißen Dose auch nach 60 Minuten heiß, der Salat sei knackig und der Burger schmecke fantastisch aus der schicken Mehrwegdose.