Totes Reh: Hundehalter wehren sich gegen Vorurteile

Ein von Hunden gerissenes Reh hat viele Meerbuscher bewegt. Die Stadt informiert mit einem Flyer.

Foto: Nachtigal

Zwei Mischlingshunde, ein totes Reh und ganz viel Diskussionsstoff. Die Nachricht, dass es im Meerbuscher Wald Anfang der Woche erneut zu einem Fall von einem durch Hunde gerissenen Rehbock gekommen ist, hat viele Leser bewegt. Zum einen, weil das Tier durch die Bisse verendet ist — zum anderen, weil sich Hundebesitzer durch den Appell von Jägern und Naturschützern in die Ecke der eher rücksichtslosen Zeitgenossen gerückt sehen.

Thomas Nachtigal hält selbst fünf Hunde. Und auch wenn es sich bei den drei bis zehnjährigen Shelties um Hütehunde handelt, verfügen auch diese über einen ausgeprägten Jagdtrieb, wie er sagt. „Der Instinkt ist da. Aber wenn man intensiv mit den Tieren arbeitet, hat man deutlich mehr Kontroll-Möglichkeiten“, sagt Nachtigal. Auf seinen Spaziergängen durch Meerbusch treffe er regelmäßig auf Wild, wie er auf Fotos und Videos zeigt. „Wenn ich es von weitem sehe, gehe ich schon mal einen anderen Weg. Wenn das nicht möglich ist, achte ich natürlich auf meine Hunde“, sagt er. Genauso sieht Nachtigal aber auch immer wieder Hundebesitzer, die gedankenlos handeln, wie er sagt. „Ich habe schon Menschen erlebt, die mit dem Auto angefahren kommen, ihren Hund aus dem Kofferraum herauslassen und am Steuer sitzen bleiben, während sich das Tier austobt“, sagt er. Das sei natürlich eher ein Härtefall — dass Halter ihre Tiere nicht unter Kontrolle haben, erlebe er aber deutlich öfter. „Das ärgert mich auch als Hundebesitzer am meisten. Weil manche einfach nicht nachdenken, leidet der Ruf von allen.“

Dabei sei es sehr wohl möglich, die Tiere auch im Freien unter Kontrolle zu haben. „Meine Hunde laufen in der Regel ohne Leine. Dass das funktioniert, ist aber ein gutes Stück Arbeit“, sagt der Halter. „Man muss sich für das Tier interessant machen. Ohne Vertrauen geht da nichts.“ Die Stadt informiert mit dem Flyer „Hundehaltung in Meerbusch“ über die Rechte und Pflichten von Haltern. Die Broschüre ist auch über die Internetseite www.meerbusch.de abrufbar. „Hunde müssen immer im Einwirkungsbereich des Hundeführers sein und jederzeit zurückgerufen werden können“, heißt es darin. „Rufen Sie Ihren Hund zu sich, wenn Ihnen andere Menschen begegnen. Im Zweifel leinen Sie Ihren Hund auch dort an, wo es nicht vorgeschrieben ist.“ Das gelte besonders bei Kindern, Joggern, Radfahrern oder Menschen, die ihrerseits Tiere mitführen. Auch Hundetrainerin Andrea Winter aus Meerbusch weiß, dass es vom Welpenalter an nicht nur auf das Tier, sondern auch auf den Besitzer ankommt. „Wichtig ist, dem Hund Führung und Bindung zu bieten“, sagt sie.

So ließe sich auch einem Jagdtrieb entgegenwirken. Etwa durch gezieltes Rückruftraining. Doch auch Winter betont: „Hunde sind keine Maschinen, eine 100-prozentige Sicherheit gibt es nicht.“ Wenn direkt vor dem Tier ein Reh aus dem Busch springen würde, könne es vorkommen, dass der Hund losrennt. Entscheidend ist, wie schnell der Halter dann die Kontrolle zurückgewinnt. Denn, da sind sich die Experten einig: Ein freilaufender Hund geht mit einem verantwortungsbewusstem Halter einher.