Meerbusch Großbrand bei Bosfood: Ein Jahr danach
Der Feinkosthändler Ralf Bos hat am Montag 30 Tonnen Waren ausgeliefert: Ein Rekord. Doch ein Jahr nach dem Brand ist noch viel Improvisation gefragt.
Mag das Kommen und Gehen der Kunden im Showroom auch lebhaft sein – es ist nichts gegen das Gewusel im dahinter liegenden Lagerraum. Dort schuften etwa 100 Mitarbeiter von früh bis spät. Sie haken ellenlange Auftragslisten ab, schieben voll geladene Rollwagen durch die Gänge, packen Delikatessen, Schokolade und Wein in Kisten und Geschenkkörbe. Ein Summen und Brummen wie im Bienenstock.
Bei Bosfood herrscht in diesen Tagen Hochbetrieb. „Im Dezember fahren wir doppelt so viel Umsatz ein wie in jedem anderen Monat“, bestätigt Ralf Bos. Vor allem die typischen Luxusprodukte fürs Fest lassen die Verkäufe in die Höhe schnellen: Kaviar, Lachs, Meeresfrüchte und natürlich Trüffel, das Gütezeichen des Feinkosthändlers. Für die begehrten Knollen ist ein separater Raum reserviert, aber ihr würziges Aroma durchströmt die gesamte Halle. „Im Moment lagern hier 1000 Kilo Trüffel und 2000 Dosen Kaviar“, sagt der Büdericher Feinkosthändler, bei dem sich Gastronomen und Privatleute übers Internet oder vor Ort versorgen.
Für Ralf Bos war der Tag nach
dem Brand wie ein Albtraum
Vorigen Montag lag eine fiebrige Spannung in der Luft. „Alle spürten, heute können wir Geschichte schreiben, da gibt jeder sein Bestes“, erklärt Ralf Bos. Der Grund: Am gleichen Tag vor zwei Jahren erwirtschaftete das Unternehmen den höchsten Umsatz seit Bestehen. Und vor genau einem Jahr, am 14. Dezember 2018, musste es seinen schwärzesten Tag verkraften: Die benachbarte Lagerhalle mit allen zum Versand bestimmten Waren brannte damals nieder. Von Freitagabend bis Sonntagmorgen wütetete das Feuer. Die Feuerwehr war zwischenzeitlich mit 100 Kräften im Einsatz. Erst am Sonntagmorgen um 5.23 Uhr hieß es: „Feuer aus!“
Was sollte bloß aus den Bestellungen werden? „Wir mobilisierten sofort alle unsere Lieferanten“, berichtet Bos.“ Sie kamen auch, nur konnten sie die Ware nirgendwo richtig ablegen. Dann fing es noch an zu regnen. Wir staksten mit Taschenlampen durch die Nässe und kramten die Kartons zusammen. Ein Albtraum.“
An Rekorde war da nicht zu denken. Aber 2019 sollte die alte Marke geknackt werden, was nun auch tatsächlich gelungen ist. „Wir haben noch nie so viel Ware ausgeliefert, nämlich 30 Tonnen, und noch nie so viel Umsatz gemacht“, meldet Ralf Bos voller Stolz. „Das ist Weltklasse, damit haben wir alle Ziele erreicht.“
Das Geschäftsjahr funktionierte nur mit hohem Aufwand und finanziellen Opfern. Wo die abgebrannte Halle stand, ist platter Boden, für die neue liegt noch keine Baugenehmigung vor. „In die andere Halle konnten wir erst im Dezember wieder einen Fuß setzen, sie wurde nach dem Feuer elf Monate lang gereinigt und restauriert“, erzählt der Feinkosthändler. Noch immer ist Improvisation angesagt. In das bestehende Lager wurde eine temperierte Zone für Schokolade und Wein eingebaut, auf den Parkplatz kam ein kleines Kühlhaus. „Wir stehen im Wettbewerb, unsere Kunden sollen ja nicht merken, wie wir hinter den Kulissen rumkaspern müssen“, sagt Ralf Bos.
Im Showroom kaufen Kunden
aus der Region Luxuswaren
Gelassen arbeitet sein Team eine Bestellung nach der anderen ab. Hört man sich im Showroom um, wird fast nur nach Luxusgütern verlangt. Ein Ehepaar aus Viersen kauft Jakobsmuscheln und Räucherlachs, „den nehmen wir mit zu unserer Tochter“. Zwei Kunden aus Büderich kommen wegen Gänseleberpastete und San Daniele-Schinken vorbei. Maria Espeter, begleitet von Tochter Isabella, deckt sich mit Delikatessen ein und füllt damit die Firmen-Präsentkörbe. Monika E. aus Düsseldorf kauft braunen Demerara-Zucker („für den Espresso, extra karamellig“) und Gänseleberpastete, „damit feiern wir mit vier Kollegen unser medizinisches Staatsexamen vor 50 Jahren“. Und Steffi Spiekermann aus Rheinberg bestellt sonst online. Diesmal aber kauft sie persönlich ein – allerdings in geheimer Mission: „Ich will meinen Mann an Weihnachten mit Kaviar überraschen.“