Betreuung in Meerbusch „Kindertagespflege hätte eher wieder öffnen sollen“

Meerbusch · Die Vorsitzende des Meerbuscher Vereins „Tagesmütter“ berichtet vom Lockdown in der Corona-Krise. Sie hätte die Kinder lieber weiter betreut.

Tagesmutter Angelika Schumann mit Kindern auf dem Spielplatz an der Insterburger Straße

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

. Seit der zweiten Juni-Woche haben Tageseltern wieder ihre reguläre Betreuung aufgenommen. Wie sich die vergangenen Wochen und Monate in der Tagespflege und bei Kindern und Familien ausgewirkt haben, berichtet Angelika Schumann. Sie betreut als Tagesmutter in Meerbusch fünf Kinder und ist Vorsitzende des Vereins „Tagesmütter“.

Wie haben Sie die Zeit erlebt?

Angelika Schumann: Ich habe am Anfang nicht geglaubt, dass die Tagespflege geschlossen wird. Wir sind die kleinste Einheit: Eine Tagesmutter oder ein -vater betreut fünf Kinder, kommt eine weitere Tagespflegeperson dazu, sind es bis zu neun Kinder. Da kann man die Infektionswege sehr schnell nachvollziehen. Es war eine surreale Situation, mit vielen Fragen und Unsicherheit.

Wie hat diese Zeit auf die Kinder gewirkt?

Schumann: Für sie war das eine irritierende und belastende Situation. Vielleicht nicht von Anfang an, aber als die Zeit immer länger wurde. Ein Kind, das ab dem ersten Lebensjahr viele Stunden in der Woche von einer Tagespflegeperson betreut wird und mit den anderen Kindern spielt, versteht nicht, warum das auf einmal - für immer? - vorbei ist. Viele Eltern berichteten, dass die Kinder schelcht geschlafen haben und unausgeglichen waren.

Hätten Sie es vorgezogen, alle Kinder weiter zu betreuen?

Schumann: Ich kann nur für mich sprechen: Ja, ich hätte es vorgezogen. Den Eltern, die im Home Office arbeiten konnten, hätte man viel Druck nehmen können. Betreuung und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, ist extrem schwierig. Spätestens ab dem Zeitpunkt, zu dem gelockert wurde, hätte man die Kindertagespflege als kleinste Betreuungseinheit wieder öffnen sollen. Die Kontaktsituation ist übersichtlich und gut nachzuvollziehen. Wenn eine Infektion auftreten würde, könnte man schnell isolieren. Sollte es eine zweite Welle geben, fände ich es gut, in der Tagespflege weiter zu betreuen.

Waren Kinder bei Ihnen in der Notbetreuung?

Schumann: Ein zweijähriges Kind habe ich drei Wochen alleine betreut. Zum Glück leben wir in Meerbusch, der Stadt im Grünen, und das Wetter war gut. Wir haben viele Ausflüge gemacht, denn die Spielplätze waren ja geschlossen. Wenn wir unterwegs waren und zufällig andere Kinder aus der Gruppe getroffen haben, wollte sie wissen, warum die anderen nicht mitkommen können. Wie erklärt man das dann? Als die Notbetreuung ausgeweitet wurde, kamen noch weitere Kinder dazu. Zuletzt, am 8. Juni, durfte dann ein zweijähriges Kinder wiederkommen. Diese Rückkehr, gestaffelt nach Alter, macht in meinen Augen keinen Sinn.

Und wie war die Reaktion, als nun alle wieder kommen konnten?

Schumann: Bei jedem Kind, das dazukam, war die Freude groß. Die Kinder liefen aufeinander zu, riefen freudig den Namen und boten bereitwillig das eigene Spielzeug an. Die neu dazugekommenen Kinder kamen mit großem Selbstverständnis zur Tür herein mit einem Lachen und riefen meinen Namen. Das war sehr schön zu sehen.

Wie gehen Sie mit den Hygieneregeln um?

Schumann: Die Eltern bleiben vor der Tür stehen oder kommen einzeln und mit Abstand ins Haus. Die Kinder und ich waschen uns häufiger die Hände, Spielzeug und Oberflächen werden regelmäßig gereinigt. Wir haben geübt, in die Armbeuge zu nießen. Das klappt gut, wenn ich das Lied singe „Hörst du die Regenwürmer nießen“. Aber eben nur dann. Jeder Nießer kommt eben sehr plötzlich.

Waren Sie wegen des Lockdown im Gespräch mit der Stadt Meerbusch?

Schumann: Ja, das lief sehr gut. Die Mitarbeiter vom Jugendamt haben auch am Wochenende gearbeitet, um uns sehr aktuell zu informieren. Politiker haben uns angesprochen, falls es Probleme mit der Bezahlung gebe, sollten wir Bescheid sagen. Denn es sei wichtig, dass das Betreuungsangebot durch die Tagespflege weiter bestehen bleibt. Wir wissen von anderen Tageseltern, mit denen wir vernetzt sind, dass das nicht in allen Kommunen so war.