Wohnprojekt in Meerbusch Im eigenen Zuhause angekommen
Meerbusch · In diesen Tagen ziehen zehn Menschen mit Beeinträchtigungen in das fertig gestellte Wohnprojekt Osterath ein. Ein ambulantes Team der Stiftung Hephata hilft den Bewohnern beim Strukturieren des Alltags.
Voller Freude zeigt Lucas sein neues Zuhause. An der Garderobe hängt schon der Tennisschläger des sportlichen jungen Mannes. Unter dem Fenster steht sein Schreibtisch mit knallblauer Platte, der Fernseh-Bildschirm lehnt noch an der Wand. Wenn alle Kisten ausgepackt und alle Poster aufgehängt sind, wird es hier sehr gemütlich sein.
Die helle Wohnung mit den großen Fenstern befindet sich im zweiten Stock des gerade fertiggestellten Wohnprojekts für Menschen mit Beeinträchtigungen, das am Schweinheimer Kirchweg in Osterath für rund zwei Millionen Euro gebaut wurde. Bis zum 1. März werden alle zehn Bewohner nach und nach eingezogen sein. Sie mussten viel Geduld aufbringen, bis es endlich so weit war.
Matthias von Forst, dessen Sohn Stefan in einer der 55 Quadratmeter großen Wohnungen leben wird, erinnert sich an das erste Treffen von Eltern und Initiatoren. „Das ging schon im Oktober 2014 mit der Planung los“, erzählt er. „Manche Interessenten der ersten Stunde sind auch abgesprungen, weil es ihnen zu lange gedauert hat. Durch Corona verzögerte sich der Bau dann noch mehr.“
Doch jetzt wird nur noch nach vorne geblickt. Beim Treffen der Bewohner am Samstag ist die Stimmung gelöst. Möbel werden ausgeladen, Lampen aufgestellt, Kleidungsstücke in den Schränken verstaut. Die meisten Eltern sind dabei. In deren Erleichterung über den Einzug mischt sich auch etwas Wehmut. „Ein großer Schritt“, sagt Bettina Furchheim. „Das Loslassen ist nicht leicht, aber ich bin glücklich, dass unser Sohn jetzt eine eigene Wohnung und Freunde um sich hat. Das wird sicher spannend.“
Ähnlich empfindet es Marion Hassel. „Wir hatten Lucas fast 34 Jahre bei uns, da fällt der Abschied schwer“, gibt sie zu. „Ich bin auch ein wenig aufgeregt“, sagt der Büdericher, der wochentags die Grünanlagen im Neusser Lukas-Krankenhaus pflegt. Wird er seine nagelneue Küche auch nutzen? „Ja“, antwortet er und strahlt, „ich habe schon öfter gekocht, Spaghetti oder Reis, und kenne mich auch mit dem Backofen aus.“ Später sitzt Lucas mit seinem Kumpel Matthias und anderen Bewohnern um den großen Tisch im Gemeinschaftsraum. Mit Matthias verbindet ihn eine sportliche Vergangenheit, gemeinsam können sie auf einige Erfolge beim Segeln und Tennis zurückblicken. Noch wirkt der Raum allerdings recht kahl. Um ihn etwas behaglicher zu gestalten, hoffen die Eltern auf Spenden. Die Einrichtung der Wohnungen haben sie selbst finanziert, aber es fehlt noch an vielem, etwa an Geschirr oder Pflanzen für den Außenbereich. Das von der Volksbank gestiftete Sofa war hier ein willkommener Anfang.
Die Bewohner bekommen Hilfe bei der Alltagsstruktur
Laura (28) ist die einzige Frau im Heim. Sie lebte bisher in einer Wohngruppe in Kaarst, hatte dort aber nur ein Zimmer. Jetzt flitzt sie durch eine ganze Wohnung. Sie holt den grünen Frosch herein, der ihre Tür bewacht und sie als Fußballfan von Borussia Mönchengladbach ausweist. Laura arbeitet in der Packerei der Gemeinnützigen Werkstätten Neuss (GWN), Florian (26), der sie kurz besucht, in der Küche. Die beiden kennen sich von der Schule und von Freizeitaktivitäten.
Überhaupt ist sich die Wohngruppe nicht fremd, über Jahre gab es immer wieder Zusammenkünfte. Der Einzug aber ist ein Meilenstein. Zu bestimmten Zeiten schaut Teamleiter Florian Krötz von der Evangelischen Stiftung Hephata im Wohnheim nach dem Rechten. Der ambulante Helfer unterstützt die Bewohner beim Strukturieren ihres neuen Alltags und in Fragen der Inklusion.
Unter den neuen Bewohnern ist auch Steven (18), der Pflegesohn von Birgit Schniewind. Die Pfarrerin in Osterath stieß erst später dazu. Umso mehr bewundert sie den unglaublichen Elan und die Ausdauer der Eltern über eine so lange Zeit. „Es ist gut, dass in diesem Haus jeder im Rahmen seiner Möglichkeiten eigenständig leben kann“, beurteilt sie das Angebot. Und findet: „Es müsste mehr von diesen Einrichtungen geben.“