Ätzende Säure: Großeinsatz in Realschule
Die Feuerwehrleute beseitigten in Spezialanzügen die Flüssigkeit, die sich im Wevelinghovener Lehrbad gebildet hatte.
Grevenbroich. Es war kurz nach 19 Uhr am Samstag, als sich die Lage an der Wevelinghovener Realschule schlagartig verschärfte. Knapp anderthalb Stunden nach dem Beginn des Einsatzes waren Feuerwehrleute im Keller unter dem Lehrschwimmbecken auf eine rund 50 Quadratmeter große Lache mit einer unbekannten, stark ätzenden Säure gestoßen. Möglicherweise sei ein Teil davon auch schon in den Kanal gelangt, meldeten die Feuerwehrmänner an ihren Einsatzleiter Michael Wolff. Der rief den Trupp zurück, schickte stattdessen erneut Personal in Spezial-Anzügen in das Untergeschoss, informierte die Umweltbehörden und forderte Verstärkung an.
Gegen 17.30 Uhr hatte der Einsatz begonnen. 40 Helfer rückten zum Heyerweg aus, nachdem eine Chemikalienwarnanlage angeschlagen hatte, die über die Chlorung des Wassers im Lehrschwimmbecken der Schule wacht. Wie die Einsatzkräfte nach kurzer Zeit feststellten, war aber kein Chlorgas ausgetreten. Zwar hatten Wassersprinkler ausgelöst, die Chlorgas niederschlagen sollen. Doch Chemikalienproben ergaben, dass offensichtlich keine giftigen Substanzen freiworden waren.
Michael Wolff atmete zunächst auf. Um weitere Gefahren auszuschließen, beorderte er mehrere Trupps zur Kontrolle ins Schulgebäude. „Nicht, dass sich doch irgendwo noch Gase gesammelt haben“, erläuterte der Brandamtsrat im Nachhinein die personal- und zeitaufwendige Suche: „Trotzdem sah das zu dieser Zeit alles nach überschaubaren Restarbeiten aus“, sagte er. Doch dann kam die Meldung aus dem Keller.
Die daraufhin unter Atemschutz und mit schweren, luftdichten Plastikanzügen vorgehenden Trupps identifizierten die ätzende Lache als einen Mix aus Schwefelsäure — sie wird dem Schwimmbad-Wasser beigemischt, um den pH-Wert konstant zu halten — und dem für das Niederschlagen der Chlorgase versprühten Wassers. Dabei zeigte sich, dass das Bindemittel, das die Feuerwehr für Standardeinsätze vorhält, zum Aufnehmen einer solchen Flüssigkeit nur eingeschränkt geeignet ist. Passendes Spezialgranulat, wusste einer der Ehrenamtler, der beim Alukonzern Hydro beschäftigt ist, sei aber bei seinem Arbeitgeber vorrätig. Kurz darauf rollte von dort Unterstützung an. Es war gegen 23 Uhr, als die Trupps schließlich die 200 bis 300 Liter der ätzenden Substanz im Keller gebunden und das Bindemittel eimerweise in ein gesichertes Transportfass umgefüllt hatten.
Wie extrem anstrengend die Arbeit in den Spezial-Anzügen ist, davon machte sich im Laufe des Abends auch Bürgermeister Klaus Krützen ein Bild. Er informierte sich vor Ort über die Lage und war erleichtert, dass für die Anwohner keine Gefahr bestand. Nach Messungen der Unteren Wasserbehörde stand zudem fest, dass die ätzende Flüssigkeit nicht in das Kanalnetz gelangt war.
Rechtzeitig, bevor die Atemluft zur Neige ging, mussten die Einsatzkräfte auf dem Schulhof von Kollegen in Schutzkleidung zunächst äußerlich gereinigt werden. Schweißtriefend schälten sich die Helfer nach der Dekontamination aus den klobigen Anzügen. Am Ende waren, gemeinsam mit den hauptamtlichen Kräften, rund 75 Helfer aus fast allen Grevenbroicher Löscheinheiten im Einsatz oder sicherten auf der Hauptwache den Grundschutz der Stadt. „Die Zusammenarbeit hat ausgezeichnet geklappt“, sagte Einsatzleiter Wolff, als es am späten Abend rund um die Realschule schließlich ruhiger wurde: „Ein großes Danke an alle Kräfte.“
Erst weit nach Mitternacht waren die letzten Feuerwehrleute fertig, hatten Fass und Schutzkleidung an eine Neusser Spezialfirma zur Entsorgung beziehungsweise Reinigung übergeben. Bis auch die letzten Kräfte wieder in die Gerätehäuser einrückten, war es bereits gegen drei Uhr in der Frühe.