An einem Tag, in einem Raum: Gespenster

Intendantin Bettina Jahnke inszeniert das Ibsen-Stück am Rheinischen Landestheater.

Neuss. Für das 19. Jahrhundert war Henrik Ibsens Stück Gespenster ein Werk von epochaler Bedeutung. Freie Liebe, Inzest und Sterbehilfe werden ebenso tabulos thematisiert wie die Rolle der Frau.

Vieles davon hat bis heute nichts an Aktualität und Brisanz verloren. Das heißt aber nicht, dass Bettina Jahnke sich in ihrer Inszenierung des Familiendramas, das morgen Abend am Rheinischen Landestheater Premiere feiert, detailgetreu an die Vorlage gehalten hat. Das Ergebnis ist sogar weit davon entfernt.

„Ich habe nur weggestrichen, was wir nicht brauchten“, sagt Jahnke. Dass es sich dabei um rund die Hälfte des Inhalts handelt, findet sie nicht wirklich verwunderlich. „Es ist eine moderne Umsetzung, projiziert in die heutige Zeit“, erklärt die Intendantin, die mit „Gespenster“ ihre vierte Inszenierung am Landestheater verwirklicht.

„Ibsen hat sich beispielsweise einer irre langen Einleitung bedient. Da würden die Zuschauer einschlafen, wenn man das eins zu eins auf die Bühne bringt. Zu seiner Zeit mag das in dieser Form nötig gewesen sein, doch heute kennt jeder die Problematik“, sagt Bettina Jahnke.

Und da sie einmal dabei war, Ibsen auf den Kopf zu stellen, hat sie gleich noch ein paar andere Dinge geändert. Die Regisseurin hat etwa den Protagonisten ein paar Jahrzehnte geschenkt, so dass diese nicht mehr wie bei Ibsen am Ende, sondern in der Mitte des Lebens stehen. „Es ist doch spannend zu sehen, welche Konsequenz der Mensch für sein weiteres Leben aus der Erkenntnis zieht, dass er Jahre lang auf das falsche Pferd gesetzt hat“, begründet Jahnke diese Maßnahme.

Herausgekommen ist dabei ein Stück mit stringenter Handlung, das in 90 Minuten ohne Pause auf den Höhepunkt zusteuert (Dramaturgie: Alexandra Jacob). „Und alles passiert an einem Tag und in einem Raum. Das gibt der Stoff her. ’Gespenster’ ist mit dem ganzen Konfliktpotenzial stellenweise wie eine Soap“, betont die Intendantin amüsiert.

Auch die Kostüme sind der heutigen Zeit angepasst, das Bühnenbild bleibt eher karg. Jahnke hat sich bei der Ausstattung wie bei ihren bisherigen drei Inszenierungen an der Oberstraße wieder auf Ivonne Theodora Storm verlassen.