Bündnis gegen häusliche Gewalt
Der Rhein-Kreis Neuss will das Thema in die Öffentlichkeit bringen und aufklären.
Rhein-Kreis Neuss. Häusliche Gewalt in Beziehungen kann viele Ausprägungen haben: von Drohungen, Schlägen, sexueller Nötigung bis hin zur Vergewaltigung. Doch nur wenige Betroffene wagen von sich aus den Schritt zur Polizei oder zu den Beratungsstellen. Der Großteil schweigt aus Scham. Mit einem bundesweit wohl einzigartigen Bündnis gegen häusliche Gewalt positioniert sich der Rhein-Kreis nun gemeinsam mit der Frauenberatungsstelle Neuss zu dem Thema.
Meist geschieht häusliche Gewalt in einer Atmosphäre des Wegsehens und Totschweigens. Genau dagegen richtet sich das neue Bündnis. Nach britischem und amerikanischem Vorbild bietet es am Arbeitsplatz Hilfe in schwierigen Privatsituationen, wie die Geschäftsführerin der Neusser Frauenberatungsstelle, Janne Gronen, erklärt: „Wir wollen das Thema in die Öffentlichkeit rücken, für das Problem sensibilisieren und ein Umfeld schaffen, in dem die Betroffenen über das Erlebte sprechen können.“
Nicht ohne Grund gerät das Thema auch in Deutschland ins Blickfeld von Arbeitgebern. Neben körperlichen und seelischen hinterlässt häusliche Gewalt auch erhebliche wirtschaftliche Schäden. So sind schätzungsweise ein Viertel aller Arbeitsplatzprobleme auf familiäre Gewalt zurückzuführen.
Um an dieser Stelle gegenzusteuern, veranstaltet der Kreis nun regelmäßige Informationsveranstaltungen für Kreismitarbeiter. Geplant sind außerdem Kurse und Fortbildungen für Mitarbeiter, etwa zu den Themen Deeskalation, Konfliktmanagement und Stressbewältigung. Als Ansprechpartner stehen neben der Gleichstellungsbeauftragten Ulrike Kreuels auch die Personalräte zur Verfügung.
Wichtiger Partner ist die Frauenberatungsstelle. Seit Gründung 1982 hat die Einrichtung rund 8000 betroffene Frauen unterstützt, davon 300 im vergangenen Jahr. Das Problem zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten, Deutsche und Migranten, Führungskräfte und Hartz-IV-Empfänger sind gleichermaßen betroffen.
Hinsehen, Stellung beziehen, Hilfe anbieten: Schon einmal hat sich diese Strategie bewährt. Seitdem es das Gewaltschutzgesetz gibt, wagen mehr Frauen den Schritt aus der Anonymität, beobachtet Kriminalhauptkommissarin Sabine Rosenthal-Aussem, die bei der Kreispolizei für Kriminalprävention und Opferschutz zuständig ist.
Gleichstellungsbeauftragte Ulrike Kreuels möchte in Zukunft noch weitere Einrichtungen und Unternehmen als Bündnispartner ins Boot holen. Ihr nächstes Ziel ist es, Kollegen in den Kommunen für das Thema zu sensibilisieren.