Damit Kinder nicht hungern
Die Kindertafel hat sich zum Ziel gesetzt, Kindern aus sozialschwachen Familien täglich ein warmes Mittagessen zu ermöglichen.
Neuss. Ein etwa 14 Jahre alter Junge kommt gegen 14.30 Uhr zur Neusser Tafel am Meererhof. „Habt Ihr noch was da?“ „Klar“, antwortet Walter Vohwinkel und geht zum Suppenkessel. Der Sozialpädagoge ist ehrenamtlicher Mitarbeiter der Kindertafel. Vor allem die Erfahrung als Familienvater sei hier wertvoll. „Nerven, Nerven, Nerven — die braucht man“, sagt Walter Vohwinkel und lächelt gelassen. „Aber die Kinder sind höflich und bedanken sich alle.“ Die Suppe schmeckt dem Jugendlichen nicht besonders gut, doch Vohwinkel gibt ihm noch eine kleine Leckerei mit auf den Weg.
Seit Mitte November gibt es das Angebot der Tafel für Kinder und Jugendliche. Bisher kamen laut Vohwinkel an fünf Tagen die Woche mittags jeweils drei bis sieben Kinder oder Jugendliche. „Maximal sind es zehn“, sagt Vohwinkel. „Bis wir jeden Tag eine feste Anzahl haben, wird es wohl noch etwa ein Jahr dauern“, meint er. Das Angebot müsse sich erst noch herumsprechen. „Eine Anlaufzeit ist normal, Straßenkinder sind erstmal vorsichtig.“ Die einzigen Vergleichsdaten einer Kindertafel habe man aus Wuppertal.
Bei den Kindern unter 13 Jahren handele es sich um tagesobdachlose Jungen und Mädchen, die „zu klein sind, um nachmittags allein zu sein“. Die meisten, die kommen, sind 14 Jahre und älter. „Sie haben keinen elterlichen Wohnsitz“, sagt Walter Vohwinkel.
Oft seien die Jugendlichen untereinander vernetzt. Wenn es kalt ist, hätten Straßenkinder meist keine Lust, zur Tafel zu kommen, sofern sie irgendwo eine Bleibe haben, so Vohwinkel. Das könne auch ein leerstehendes Gebäude sein. „Wir fragen da nicht nach, das ist nicht unser Anspruch.“ Einige Jugendliche kämen durch die Straßensozialarbeiter, die Streetworker, zur Neusser Tafel. „Wir sind in Kontakt mit den Streetworkern, arbeiten aber unabhängig voneinander“, erklärt der Mitarbeiter der Neusser Tafel.
Nur durch diese Zusammenarbeit lasse sich eine ungefähre Zahl wohnungsloser Kinder in Neuss abschätzen. „Es sind etwa 60 bis 80“, vermutet Vohwinkel. Für diese bietet die Tafel jeden Werktag eine warme Mahlzeit an. Es gibt auch einen Kickertisch und Spielsachen.
Der Verein sieht sich nicht als Konkurrenz zu den Angeboten der Stadt. Städtische Einrichtungen bieten ebenfalls Essen an und verfolgen dazu ein pädagogisches Konzept. „Das ist keine Konkurrenz, wir ergänzen uns“, sagt der Sozialpädagoge. „Unser Ansatz ist anders, wir bieten keinen pädagogischen Aspekt.“ Das könne man allein mit Ehrenamtlichen nicht stemmen.
„Die Kinder gehen nach wie vor zu den städtischen Einrichtungen“, weiß Vohwinkel. „Zwei, die gerade hier waren, haben sich nach dem Mittagessen auf den Weg zum Jugendzentrum gemacht.“