Demenz: Hilfsangebote sollen gebündelt werden
In der Beratungsstelle an der Nordkanalallee finden Angehörige Unterstützung.
Neuss. „Die Angehörigen kommen meist erst, wenn es schon zu spät ist“, sagt Manfred Steiner. Der Sozialpädagoge leitet die gestern an den St. Augustinus-Kliniken neu eröffnete Beratungs- und Koordinationsstelle des Rhein-Kreises (BeKo), die vor allem an Demenz erkrankte, aber auch unter Depressionen leidende Menschen und deren Angehörige im Blickfeld hat.
„Es gibt viele Hilfen im Kreisgebiet, aber die Koordinierung ist optimierbar. Wir wollen diese Angebote jetzt bündeln, um die Möglichkeit einer trägerübergreifenden Rundumversorgung zu gewährleisten“, definiert Dr. Martin Köhne, Ärztlicher Direktor am St. Alexius/St. Josef-Krankenhaus, die Zielsetzung.
Der Rhein-Kreis hatte sich an der Ausschreibung des Landschaftsverbandes Rheinland zur finanziellen Förderung einer gerontopsychiatrischen Beratungsstelle mit dem Konzept der St. Augustinus-Kliniken beteiligt und Ende 2010 den Zuschlag erhalten.
Nur in den ersten drei Jahren wird das Projekt vom Landschaftsverband mit einer Anschubfinanzierung gefördert. Vorübergehend ist die BeKo in den Räumen des Ambulanten Zentrums an der Nordkanalallee untergebracht. Im Mai kommenden Jahres ziehen die beiden Sozialpädagogen dann in den Psychiatrischen Neubau der Kliniken, wenn dieser fertiggestellt ist.
Die große Nachfrage bei Veranstaltungen rund um das Thema Demenz bestätige, dass der Bedarf für so eine Beratungsstelle vorhanden sei, sagt Kreisgesundheitsdezernent Karsten Mankowsky. Er schätzt, dass bis zu 6000 Menschen im Rhein-Kreis an Demenz erkrankt sind. „Und in zehn Jahren sind es noch einmal 2000 zusätzlich“, so Mankowsky.
Schwierig werde die familiäre Situation vor allem für die Angehörigen, wenn sie Erkrankte zu Hause pflegen. „50 Prozent werden nach spätestens zwei Jahren selbst psychisch krank, wenn ihnen niemand hilft“, weiß Köhne. Das sollen ab sofort die Sozialpädagogen der BeKo übernehmen. Beraten wird am Telefon, in den Räumen der Beratungsstelle oder bei Hausbesuchen.
Angehörige müssten oft erst die Hemmschwelle überwinden, die Krankheit eines Familienmitgliedes anzuerkennen und Hilfe anzunehmen, sagt Steiner. „Demenz ist schambesetzt, wir müssen daher eine Entstigmatisierung erreichen.“ Oft würden Demenzkranke schlichtweg aus dem Alltag verschwinden.
„Demenz ist zwar nicht heilbar, aber wir wollen trotzdem erreichen, dass es wieder möglich ist, mit einem Betroffenen auch mal in die Eisdiele gehen zu können“, ergänzt Steiner.