Die Neusser Notfallpraxis zieht ins Etienne-Krankenhaus

Die Räume im Lukas-Krankenhaus wurden gekündigt. Am neuen Ort stehen den Ärzten mehr Räume zur Verfügung.

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Neuss. Kleinere chirurgische Eingriffe oder eine Wundversorgung können auch in einer Notfallpraxis gemacht werden. Oder könnten. Faktisch bieten die Neusser Hausärzte das seit Monaten nicht mehr an. „Das ist hygienisch nicht tragbar“, sagt Koordinator Dr. Wolfgang von Schreitter mit Blick auf Schimmelbefall, der auch Folge von durchschnittlich drei Wasserrohrbrüchen im Jahr ist. Die Kassenärztliche Vereinigung hat deshalb die Reißleine gezogen. Die Räume im Lukaskrankenhaus wurden gekündigt, demnächst leisten die Hausärzte ihren Notdienst im Johanna-Etienne-Krankenhaus ab.

Das Lukaskrankenhaus, wo die Praxis 2003 mit dem Ziel einer Verbesserung des ambulanten Notdienstes gegründet wurde, lässt die Hausärzte nicht gerne ziehen. „Wir haben neue Räume im Haupthaus angeboten, mit Anbindung an die Zentralambulanz“, betont Krankenhaussprecherin Ulla Dahmen. Doch das Angebot kam zu spät.

Was von den Verantwortlichen beider Kranenhäuser niemand offen sagt: Es geht bei dieser Standortentscheidung auch um bares Geld. Schreitter ist sicher: „Unser Umzug wird das Lukaskrankenhaus zwei Millionen Euro jährlich kosten.“

Die Rechnung dazu ist einfach: Jeder Patient, den die Hauärzte außerhalb der Sprechstunden in der Notfallpraxis behandeln — und das werden in diesem Jahr wohl 20 000 sein — läuft nicht in der Ambulanz des Krankenhauses auf. Die gut 40 Euro, die für eine Behandlung dort von den Kassen gezahlt werden, sind bei weitem nicht kostendeckend. Andererseits kann ein Krankenhaus, das keine Ambulanz der Hausärzte auf dem Campus hat, Patienten nicht verweisen — aber auch nicht abweisen. Schon aus Gründen des Haftungsrisikos macht das niemand.

Im Etienne-Krankenhaus war man bislang genau in dieser Situation. Der Kassenärztlichen Vereinigung, die auf der Suche nach einer Alternative war, wurde daher gerne angeboten, was ihr vom Lukaskrankenhaus immer nur versprochen, aber nie eingelöst worden war: eine Portalpraxis. Damit ist eine direkte Anbindung an die Krankenhaus-Ambulanz gemeint, so dass die Patienten „vorsortiert“ werden können.

Wem eine Visite beim Hausarzt ausreichend hilft, der wird künftig in den Räumen behandelt, die für die Sprechstunden der Fachärzte gebaut und eingerichtet wurden. Sieben zählt von Schreitter dort. In der Ambulanz am Lukas, die noch dazu abgelegen im Schwesternwohnheim untergebracht ist, können er und seine Kollegen seit Monaten nur einen Raum nutzen.

Simone Palm von der Klinikleitung des „Etienne“ verbindet mit den Hausärzten als neuen Nachbarn die Hoffnung, dass sich die Zusammenarbeit mit den niedergelassenen Ärzten noch einmal verbessert und Patienten „unser Haus positiv entdecken“. Die Standortverlagerung in den Neusser Norden eröffnet aber auch Patienten in Kaarst, Korschenbroich und Meerbusch neue Möglichkeiten. Bis jetzt müssen sie „ihren“ Bereitschaftsarzt herausklingeln und kommen lassen, künftig könnten sie stattdessen einen aufsuchen. Der Weg zum Arzt wird deutlich kürzer.