EEG: Bangen in der Aluminiumhütte

Das Rheinwerk kann nur mit starker Reduzierung der Umlage überleben.

Neuss. Die Angelegenheit ist kompliziert, die Auswirkungen einer möglichen Entscheidung aus Brüssel könnten für Neuss und Kreis fatal enden. Am Mittwoch wird aller Voraussicht nach der oberste europäische Wettbewerbshüter Joaquín Almunia ein Verfahren gegen die Bundesregierung wegen der Energiepolitik einleiten. Mögliche Konsequenz: Energieintensive Unternehmen dürften nicht mehr wie bisher von der EEG-Umlage entlastet werden. Im Neusser Hydro-Rheinwerk, aber auch bei Alunorf schrillen die Alarmglocken.

Zur Förderung der Energiewende zahlen Stromkunden die EEG-Umlagen. Unternehmen können davon in mehr oder weniger großem Umfang entlastet werden; die größte Reduzierung der Umlage gilt für die energieintensiven Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen.

Das betrifft das Hydro-Rheinwerk, in dem Aluminium im großen Stil produziert und recycelt wird, und das benachbarte Unternehmen Alunorf, das größte Walz- und Schmelzwerk der Welt. 620 Menschen arbeiten im Rheinwerk, 2200 bei Alunorf.

Allein das Rheinwerk als Aluminiumhütte bezieht jährlich eine Strommenge von 2,3 Terawattstunden oder 2300 Gigawattstunden. Diese gewaltige Menge entspricht etwa dem Sechsfachen dessen, was die Stadtwerke im jahr an Strom ausliefern. Die Stromkosten machen im Rheinwerk einen Anteil von 40 Prozent an den Gesamtkosten aus, berichtet der Betriebsratsvorsitzende Günther Appelstiel.

Das Werk zahle derzeit 5 Prozent der EEG-Umlage, sagt Appelstiel: „Und das macht schon Millionen aus.“ Würde die Entlastung für das Rheinwerk in nennenswertem Ausmaß wegfallen, „wäre das das Aus. Das Rheinwerk könnte das keinen Tag überleben.“ Auch das Unternehmen Alunorf drücke dann eine „Riesenlast“. Günter Appelstiel, seit 43 Jahren im Rheinwerk beschäftigt, verhehlt sein Unverständnis nicht. „Es ist doch ein schlechter Witz: Wir sollen höhere Umlage zahlen? Kein Alu-Werk im Ausland zahlt eine solche Abgabe.“

Günther Appelstiel, Betriebsratsvorsitzender im Rheinwerk

Auch eine reduzierte EEG-Umlage bedeute für das Rheinwerk schon einen klaren Wettbewerbsnachteil. „Und jetzt will man will uns den Hals umdrehen.“ Auch den Hinweis, von höheren Zahlungen der Unternehmen profitiere der Privatverbraucher, lässt er nicht gelten. „Wenn wir pleite sind, zahlen wir gar nichts.“

Die Geschäftsführung des Hydro-Konzerns mochte die schwierige Lage am Dienstag gar nicht kommentieren. Es sei noch zu früh, weil noch keine Beschlüsse oder offiziellen Bekundungen vorliegen. Michael Steffen, Sprecher des Rheinwerks, betonte allerdings ebenfalls: Auch die stark reduzierte EEG-Umlage sowie diverse Zusatzkosten führten schon jetzt zu einem erheblichen Wettbewerbsnachteil. Oliver Bell, Geschäftsführer des Rheinwerks und Vorstandsmitglied im Hydro-Konzern, hatte bei der 50-Jahr-Feier des Rheinwerks im vergangenen Jahr betont: Die Metallindustrie könne nur dann ihren wichtigen Beitrag zu Lösungen für die Energiewende und zur industriellen Wertschöpfung in Deutschland leisten, wenn sie wettbewerbsfähige Stromkosten hätte.

Leitet Joaquín Almunia am Mittwoch das Beihilfeverfahren gegen Deutschland ein, bleibt der Bundesregierung nur ein Monat Zeit für eine Reaktion. Nach einem Bericht des Spiegel fordert Almunia, dass die energieintensiven Unternehmen „ab sofort mindestens 15 Prozent“ der Ökostrom-Umlage zahlen sollen.