Erkenntnis mit Freuden: Den idealen Gatten gibt es nicht

Premiere: Das Rheinische Landestheater zeigt Oscar Wilde.

Neuss. Die Premiere des Stücks „Ein idealer Gatte“ von Oscar Wilde am Rheinischen Landestheater nimmt das Publikum mit in die Londoner High Society Ende des 19. Jahrhunderts. Elegante Kleider und Partys erhalten den schönen Schein einer Welt, die aus Korruption und Lügen besteht. Mit viel Witz hat Thorsten Duit die gesellschaftskritische Komödie inszeniert. Am Freitag wurde die gelungene Premiere gefeiert.

Hauptfiguren der Geschichte sind Robert Chiltern und seine Frau, gespielt von Rainer Scharenberger und Claudia Felix. Sie sind ein langweiliges Vorzeigepaar, für das moralische Prinzipien das Wichtigste sind. Ihr scheinbar perfektes Leben wird durch Mrs. Cheveley durcheinander gebracht, die eine Korruption des Gatten aufdecken will.

Mitgefühl empfindet der Zuschauer wohl kaum, ist es doch schwer, sich mit gesellschaftlich Privilegierten zu identifizieren und ihre Luxusprobleme nachzuvollziehen. Der Zuschauer gönnt es dem Politiker Chiltern wohl eher und beobachtet amüsiert, wie er verzweifelt versucht, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen.

Mit ihren aufreizenden Kleidern ist Mrs. Cheveley der Hingucker der Aufführung. Sie ist hinterhältig und sorgt mit ihrer zynisch-direkten Art für Auflockerung. Das braucht das Stück, denn die Dialoge sind streckenweise lang und trocken.

Die Nebenfiguren des Stücks machen die Gesellschaftkritik zu einer Komödie. Die einen haben die Londoner Gesellschaft satt und sind zynisch, andere wie Lord Goring leben vom Geld des Vaters das Leben eines ewigen Junggesellen. Was dazu führt, dass er oft runtergeputzt wird. Besonders Stefan Schleue als Lord überzeugt als Frauenheld in dieser Inszenierung.

Vicomte de Nanjac, gespielt von Michael Großschädl, sorgt mit seinem französischen Akzent und seiner Liebe zu Miss Mabel für Lacher und Mitgefühl. „Jeden Dienstag und Freitag macht er mir einen ’Eiratsantrag“, beschwert sie sich. Ja sagt sie nie, denn sie ist verliebt in Lord Goring. Er und Mabel sind die Sympathieträger. Mabel, gespielt von Melanie Vollmer, weiß genau, was sie will, und geht auf Stefan Schleue (Lord Goring) auch mal mit der Peitsche los.

Das Happy End enttäuscht den Zuschauer wahrscheinlich. Zwar heiraten Goring und Mabel, aber Chiltern kommt ohne Konsequenzen und noch überheblicher davon. „Es wäre schon ein Verlust, wenn ich mit der Politik aufhöre.“ Insgesamt ein sehenswertes Stück, mit der Hauptaussage: Einen idealen Gatten oder Politiker gibt es nicht.