„Pflegetreff“ in Neuss Experten diskutieren über Pflege
Neuss. · Um Fachkräftemangel zu beheben, ist Maßnahmenkatalog nötig.
Andreas Westerfellhaus, Staatssekretär und Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung, ist gelernter Krankenpfleger; Tanja Segmüller, Professorin für Alterswissenschaften, war Pflegehelferin; Stefan Sell, Professor für Volkswirtschaft und Sozialwissenschaft, wie auch Marcus Jogerst-Ratzka sind ausgebildete Krankenpfleger – allesamt also fachlich kompetente Gesprächspartner, die zum jüngsten Pflegetreff im Kontakt Erfttal kamen. Das Thema lautete „Aktuelle Pflegepolitik – Pflegenotstand in den Pflegeeinrichtungen und Unterstützung der ambulanten Versorgung durch Quartiershilfen“. Um das Ergebnis vorweg zu nehmen: Es gibt sehr viele gut geführte Einrichtungen. Es gibt aber auch Ketten mit Renditevorgaben. Dass im Endeffekt nicht 18 000 sondern erheblich mehr Fachkräfte fehlen, wird nicht infrage gestellt. Sell: „Die bisherigen finanziellen Vorstellungen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen reichen nicht annähernd aus. Mehrausgaben im zweistelligen Millionenbereich sind nötig und über die Pflegeversicherung nicht zu bezahlen.“
Und man weiß schon, wie man diesem Mangel in den Pflegeberufen begegnen kann: verbesserte strukturelle Rahmenbedingungen schaffen, eine attraktive Ausbildung mit Karrierechancen und Qualifizierung anbieten, ein akzeptabler Personalschlüssel und vor allem eine den Anforderungen angepasste Bezahlung. Allein, die zahlreich erschienenen Zuhörer gingen mit Skepsis nach Hause.
Werner Schell fordert den
Wegfall des Einkommengefälles
Hans-Josef Engels, langjähriger St.-Hubertus-Heimleiter: „Sicherlich gibt es kleine Verbesserungen. Aber alles ist im Moment keine Ist-Beschreibung, sondern Wunschdenken. Und es sind keine neuen Erkenntnisse.“ Pflegetreff-Organisator Werner Schell nennt einen weiteren Kritikpunkt: „Dass ein Studium in Pflege- und Gesundheitsmanagement künftig laut NRW-Politik nicht mehr zu den Anstellungs-Voraussetzungen gehört, ist in aller Deutlichkeit zu kritisieren.“
Schell spricht damit das Management an und ist sich mit Sell einig, dass im Bereich Pflegekräfte eine akademisierte Ausbildung nicht immer nötig sei und der Weg einer besseren dualen Ausbildung eine Alternative. Zudem müsse, so Schell, das Einkommensgefälle zwischen Krankenhaus und Altenpflege entfallen. Er spricht noch einen weiteren Knackpunkt an: „Natürlich spricht nichts dagegen, zugewanderte Personen in der Pflege zu beschäftigen, wenn sie dafür geeignet, qualifiziert und sprachlich kompetent sind. Das wird sich aber nur in bescheidenem Maß realisieren lassen. Für eine ausgeglichene Pflegebilanz müssen wir lokal und regional denken.“