Goldschmiede-Ehepaar hat seine Werkstatt nun zu Hause

Grimlinghausen/Kleinenbroich. Ein Leben ohne ihren Beruf und ohne Schmuck können sich Irmgard und Ludger Kentrup, beide 79 Jahre alt, nicht vorstellen: Mit Kreativität und handwerklichem Können sind die beiden nach wie vor für ihre Kunden im Einsatz — wenn sie auch die „Goldschmiede Kentrup“ in Grimlinghausen vor ein paar Tagen aus Altersgründen aufgegeben haben.

Foto: Berns

Doch in der Werkstatt in ihrem Wohnhaus in Kleinenbroich geht es weiter: „Wir können nicht so ganz ohne sein“, erklärt Irmgard Kentrup.

Sie sind seit über 50 Jahren verheiratet, haben zwei Töchter groß gezogen und arbeiten auch seit vielen Jahrzehnten erfolgreich im Team: Die Kentrups haben eine Menge an Gemeinsamkeiten. Und ihr Beruf lässt sie auch in der Freizeit nicht los. Auf Spaziergängen sind sie immer „mit offenen Augen“ unterwegs, lassen sich von Natur und Architektur zu neuen Schmuck-Kreationen inspirieren. Auf Anfrage ihrer Kunden, die aus Neuss und Korschenbroich, aber auch aus Düsseldorf, Kaarst oder Grevenbroich den Weg nach Kleinenbroich finden, arbeitet der Goldschmiedemeister und diplomierte Schmuckdesigner Ludger Kentrup weiterhin Schmuck um und führt Reparaturen aus.

In seiner Werkstatt schmilzt er aber auch Schmuckstücke ein — etwa aus der Mode gekommene goldene Armbänder — und lässt aus dem Material etwas ganz Neues entstehen, vielleicht eine Brosche oder einen Anhänger. Was den Kunden gefallen und zu ihnen passen könnte, das versucht seine Frau im Gespräch herauszufinden. „Außerdem habe ich den kaufmännischen Teil übernommen“, sagt sie.

In den 1950er Jahren schloss sie ihre Lehre zur Einzelhandelskauffrau im Schmuckhaus Vell an der Niederstraße ab, ihr späterer Mann lernte Goldschmied beim Juwelier Kern an der Düsseldorfer Königsallee und ging danach für drei Jahre an die Kunst- und Werkschule in Pforzheim. 1964 heiratete das Paar, 1982 erfolgte der Schritt in die Selbstständigkeit, zunächst in Eschweiler. Von 1993 bis 2016 betrieben beide dann die Goldschmiede Kentrup in Grimlinghausen.

Dort entstanden neben individuellen Arbeiten auch Stücke, die von Schützen und anderen Heimatliebhabern immer wieder gerne geordert werden. Etwa eine Stadtplakette in Silber, die markante Neusser Gebäude vom Quirinus-Münster bis zum Obertor zeigt und oft in die Ketten von Schützenkönigen integriert wird, eine Revers-Nadel mit dem Bild des Stadtpatrons Quirinus oder eine Anstecknadel mit dem Wappentier von Grimlinghausen — der „Hippe“, auf Hochdeutsch Ziege.

Silber, Gold, Platin und Edelsteine werden in der Werkstatt verarbeitet. In all den Jahrzehnten, die das Paar in dieser Branche tätig ist, habe sich der Geschmack der Kunden sehr verändert: „In der Wirtschaftwunderzeit wollte man mit auffälligem Schmuck zeigen, dass man Geld hat. Heute ist alles minimalistischer, schlichter“, sagt das Ehepaar. Gerade bei Reparaturen und Umarbeitungen gebe es eine große Nachfrage, da diesen Service nicht mehr so viele Schmuckgeschäfte anbieten.

Ans Aufhören denken die beiden daher noch nicht: „Wir machen das einfach gern, es liegt uns im Blut“, sagt Irmgard Kentrup, die natürlich auch selbst nur Schmuck trägt, den ihr Mann entworfen und angefertigt hat. Am liebsten mag sie große Broschen und Ringe. „Das passt zu mir.“