Haltestellen-Umbau verzögert sich

Bis 2022 müssen alle Bus-Stationen barrierefrei sein. Der Rat stoppt das geplante Vorhaben, weil die Idee nicht gefällt.

Foto: Andreas Woitschützke

Neuss. Der barrierefreie Umbau von Haltestellen kommt seit Jahren nur langsam voran, jetzt droht er ganz ins Stocken zu geraten. Denn die beiden einzigen Umbauvorhaben, die aktuell in der Planung sind, wurden vom Rat gestoppt. Der stößt sich an dem Vorschlag der Verwaltung, an den Haltestellen Barriere (Bergheimer Straße, stadtauswärts) und „Sporthafen“ (Kölner Straße, stadtauswärts) die Busbuchten aufzulösen und die Busse wieder auf der Straße halten zu lassen. Und er verlangt nach Alternativplanungen — bis hin zur Verlagerung.

Carsten Thiel, Mitglied der UWG

Doch diese Alternativen will die Verwaltung nicht liefern. Einmal, weil sie keine Veranlassung dazu sieht. Die Variante einer Haltestelle auf der Fahrbahn, ein sogenanntes Buskap, entspreche völlig den anzuwendenden Richtlinien, führt die Verwaltung aus. Zweitens, so machte Bürgermeister Reiner Breuer klar, sei eine Alternativplanung bis zum Mai, wenn das Thema im Planungsausschuss neu aufgerufen werden soll, gar nicht zu schaffen. „Sie müssen sich Gedanken machen, wo Sie hinwollen“, sagte er in Richtung Rat.

Mit dem aktuellen Streit um die „richtige“ Bushaltestellenform flackert auch eine alte Diskussion wieder auf, die vor mehr als zehn Jahren wie ein Glaubenskrieg geführt worden war. Am Ende einigte man sich mit Ratsbeschluss vom 4. März 2005 darauf, dass Busbuchten, die das haltende Fahrzeug aus dem fließenden Verkehr nehmen, gegenüber den sogenannten Buskaps Vorrang einzuräumen sei.

Darauf gründet die Koalition von CDU und Grünen, die auch die FDP sowie UWG und BIG-Partei in diesem Punkt auf ihrer Seite hat, ihre Ablehnung. Sie fürchten vor allem die Folgen eines solchen Rückbaus: lange Staus hinter haltenden Bussen. „Warum wollen wir da ein Verkehrschaos veranstalten?“, fragt Carsten Thiel (UWG) mit Blick auf die Haltestelle „Barriere“ in Reuschenberg. Ein Argument, das Arno Jansen (SPD) nur schwer nachvollziehen kann. Die Bergheimer Straße sei zweispurig, hält er dagegen, „und auf der Gegenseite ist schon seit Jahren ein Buskap.“

Zur Zeit des Grundsatzbeschlusses „Busbucht/Buskap“ war schon ein anderes Projet angelaufen, dem namentlich die SPD aktuell die höhere Priorität einräumt: der barrierefreie Ausbau aller gut 400 Haltestellen im Stadtgebiet. Ende 2022, so erinnerte Breuer an eine gesetzliche Vorgabe des Landes, müssen alle barrierefrei sein. Doch obwohl 2013 mit einer Prioritätenliste etwas Tempo ins Thema gebracht werden sollte, liegt der Ausbaustand noch unter 50 Prozent. „Tatsächlich sind es nur vier bis sechs Haltestellen pro Jahr, die wir umbauen“, stellt der Bauausschuss-Vorsitzende Sven Schümann (CDU) fest. „Wir haben uns darauf verständigt, den Umbau zu beschleunigen. Und jetzt, wo mal Tempo drin ist, vertagen wir“, hielt Sascha Karbowiak (SPD) dagegen.

Das Problem beim barrierefreien Umbau ist, dass in der Regel mehr Platz benötigt wird. Erst recht, wenn fehlende Wartehäuschen zu integrieren sind. Diesen Platz will die Verwaltung durch Aufgabe der drei Meter breiten Busbuchten gewinnen.

Begründung für diesen Schritt: „Die deutliche Unterschreitung zwingender Mindestwerte für Aufstellfläche und Gehweg kann nicht verantwortet werden.“