Im Etienne-Krankenhaus: Rollentausch auf Station 13
Pflegeschüler leiten eine internistische Station. Alles läuft reibungslos.
Neuss. Zuerst ist es ungewohnt, plötzlich Chef einer ganzen Station zu sein. Die Pflegekräfte anzuleiten, den Ärzten Bericht zu erstatten und die Pflegeschüler durch den Berufsalltag zu leiten. Und das möglichst so, dass die Patienten nicht spüren, dass sich um sie herum gerade ein Rollentausch abspielt.
Christina Strek ist Auszubildende am Johanna-Etienne-Krankenhaus. Im Rahmen eines Projekts im letzten Abschnitt der dreijährigen Ausbildung zur Pflegekraft tauschen sie und zwölf Mitschüler die Rollen mit ihren Vorgesetzten. Fast einen Monat lang ist Strek jetzt Leiterin der internistischen Station 13 und verantwortlich für 36 Patienten.
Zwei Wochen des Projektes sind bereits vergangen „Ich hätte nicht gedacht, dass das alles so gut klappt“, sagt Strek, die sich gezielt für den Posten der Stationsleiterin beworben hatte.
In den ersten Wochen galt es vor allem, die Scheu zu überwinden, den Vorgesetzten Hilfstätigkeiten aufzutragen. „Wir Schüler haben sonst sehr festgelegte Aufgaben“, sagt Lukas Sokolowski, der in der Projektzeit stellvertretender Stationsleiter ist. „Morgens helfen wir beim Waschen und Pflegen der Patienten, kümmern uns um Verlegungen oder machen Botengänge.
Welche Organisation allerdings dahinter steckt, das wird uns erst jetzt deutlich, wo wir die Aufgaben vergeben und die Mitarbeiter einteilen müssen.“ Auch die anderen Pflegeschüler haben bestimmte Aufgaben übernommen. Sie sind Hygiene-, Schmerz- oder Diabetesbeauftragte.
Zu Beginn der drei Wochen mussten natürlich erst einmal die Patienten informiert werden. „Die meisten haben es gut aufgefasst, weil hinter uns ja immer die examinierten Pflegekräfte stehen, die wir im Zweifel jederzeit ansprechen können“, sagt Azubi Claudia Schwarz.
Und sogar ein sehr kritischer Patient konnte am Schluss überzeugt werden. „Ich kann gar nicht erkennen, wer jetzt Schüler und wer schon fertig ausgebildet ist“, sagt Heinz Bebber (63), der seit einer Woche auf der Projektstation liegt. Er fand den Rollentausch eine „sehr gute Sache für alle Seiten“.
Schülerin Schwarz ist sich sicher: „Selbst wenn der Rollentausch scheitern würde, können wir etwas daraus lernen.“ Kritik gibt es am Ende von den Patienten, die einen anonymen Fragebogen ausfüllen, und den examinierten Pflegekräften, die die Auszubildenden nicht aus den Augen lassen.
Klaus Zimmermann, Ausbilder der Pflegeschüler, betreut den Tausch, der parallel auch am St. Alexius-/ St. Josef Krankenhaus stattfindet, nun bereits zum sechsten Mal. Bisher hat er nur Positives erlebt. „Die Schüler erfahren den Berufsalltag, wie er sie nach der Ausbildung erwartet. Das ist dann keine Überraschung mehr, wenn sie zum ersten mal als examinierte Pflegekraft auf einer Station arbeiten.“
Und am Ende sind sich alle sicher, den richtigen Beruf ergriffen zu haben. „Nach dem Rollentausch ist noch keiner abgesprungen“, sagt Zimmermann und lächelt.