Schulpolitik Letzte Hauptschule macht dicht
Neuss. · Die Maximilian-Kolbe-Schule entlässt ihren letzten Jahrgang. Das Kollegium kritisiert die Politik und spricht von einer Stigmatisierung.
Mit der Maximilian-Kolbe-Schule schließt zum Schuljahresende die allerletzte Hauptschule in Neuss. Von den mehr als 90 Jugendlichen, die am 28. Juni ihr Abschlusszeugnis erhalten, werden die wenigsten in eine Berufsausbildung wechseln. Gut acht von zehn Absolventen streben vielmehr einen höheren Abschluss wie die Mittlere oder die Fachoberschul-Reife an. „Wir haben das nicht gefördert, sondern immer auf die Chancen einer Berufsausbildung hingewiesen“, stellt Thomas Peters vom dreiköpfigen Leitungsteam klar.
In der Entscheidung der Schüler auch dieses letzten Jahrgangs drückt sich ganz deutlich das Kernproblem der Hauptschule aus: Deren Abschluss gilt vielen nicht mehr viel. Von einer Stigmatisierung spricht Marion Wittig, die 1994 als Rektorin an die Jahr für Jahr kleiner werdende Hauptschule kam.
Nur in Holzheim gibt es
noch eine Realschule
Wittig sieht das Hauptproblem dieser Schulform, die Ende der 1960er Jahre die alten Volksschulen ablöste und ihre Schüler gezielt auf eine Berufsausbildung vorbereiten sollte, in einem fehlenden Rückhalt in Gesellschaft, Wirtschaft und Politik. Die Arbeit, die in den Hauptschule geleistet wird, sei daran ebenso wenig Schuld wie die Qualität der Absolventen. „Unsere Kinder sind in der Lage, Leistung zu erbringen“, sagt sie.
Faktisch aber sind Absolventen, die „nur“ den Hauptschulabschluss vorweisen können, in immer mehr Berufen chancenlos. Mit einer Verwässerung der Bildungsabschlüsse, von der Peters spricht, geht auch der Wunsch immer mehr Eltern einher, ihr Kind im besten Fall bis zum Abitur zu bringen. Diesen Elternwillen hat die Schulpolitik in Neuss zum Anlass genommen, neben den Gymnasien immer mehr Gesamtschulen zu etablieren. Im Gegenzug wurden funktionierende Schulen einfach geschlossen. Mit der Maximilian-Kolbe-Schule stirbt die Hauptschule als Schulform aus, zeitgleich reduziert sich mit Schließung der Realschule Südstadt die Zahl der Realschulen auf eine – die in Holzheim, die dafür künftig dreizügig laufen soll.
Mit der Abkehr vom klassischen dreigliedrigen Schulsystem in Neuss wurde an zwei Standorten eine Sekundarschule errichtet. Ohne Erfolg. Angesichts konstant zu niedriger Anmeldezahlen hat die Bezirksregierung die Auflösung der Sekundarschule Gnadentaler Allee bereits verfügt. Die zweite Schule dieses Typs wurde auf Drängen der Eltern zur Comenius-Gesamtschule umgewandelt. Die Zukunft der Schullandschaft ist offen. Ginge es nach dem Bürgermeister, würde sie auf Gesamtschulen und Gymnasien reduziert.
FDP will mit dem Thema Schulpolitik Wahlkampf machen
Ginge es nach der FDP, würde zumindest eine zweite Realschule neu gegründet. Mit dieser Forderung werden die Liberalen im nächsten Jahr die Schulpolitik einmal mehr zum Thema im Kommunalwahlkampf machen. Aus Sicht der letzten Hauptschullehrer wird das nicht alle Probleme lösen. Erstens, weil von den sechs Klassen im letzten Jahrgang drei mit Kindern gebildet wurden, die „abgeschult“ wurden, weil sie an anderen Schulen nicht mithalten konnten. Solche Kinder gebe es in jedem Jahrgang, „die sind ja nicht weg“, sagt Wittig. Nur: Wohin mit ihnen in Zukunft? Zweitens kann aus ihrer Sicht die Hauptschule in besonderer Weise für sich in Anspruch nehmen, sich um jedes einzelne Kind zu kümmern. Diese Kinder, unkt Wittig, werden in anonymen (weil großen) Gesamtschulen große Probleme bekommen. Die verbliebenen 16 Lehrer muss das nicht mehr beschäftigen. Sie haben sich in jeder Konferenz geschworen, so lange auch nur noch ein Schüler zu ihnen kommt, 100 Prozent zu geben, und das auch gehalten. Auch wenn es im Schrumpfungsprozess schwerer fiel, das Profil als katholische Hauptschule zu schärfen.