Investor plant kleine Wohnungen
Das frühere Landesamt für Besoldung und Versorgung soll umgestaltet werden. Der „Treff 3“ muss dafür wohl weichen.
Neuss. Schon lange leerstehende Bürogebäude in zentraler Lage von Großstädten sind besonders begehrte Immobilien für die „Solidare Real Estate Holding plc“, die sich auf die Schaffung sogenannter Micro-Apartments spezialisiert hat. Etwa 200 solcher Kleinstwohnungen mit einer Größe von 20 bis 50 Quadratmetern will sie im ehemaligen Landesamt für Besoldung und Versorgung im Rheinparkcenter schaffen, das die börsennotierte Immobiliengesellschaft mit Sitz auf Malta vor kurzem kaufen konnte. Die Entkernungsarbeiten zum Umbau laufen, 2018 will man fertig sein.
Firmensprecher Torsten Graf verteidigt die Micro-Apartments als Möglichkeit einer maximalen Wohnraumausnutzung und nennt als Kernzielgruppe Singles, Pendler und vor allem Studenten. Aber Teil der Wahrheit dürfte auch sein, dass auch das Ziel einer maximalen Rendite verfolgt wird.
Was das heißt, erlebt derzeit die Diakonie Neuss. Sie hat im Erdgeschoss des siebengeschossigen Bürokomplexes, in dem bis Januar 2010 das Landesamt für Besoldung und Versorgung NRW angesiedelt war, ihren „Treff 3“ etabliert — und jetzt die (vorsorgliche) Kündigung zu Ende Oktober erhalten. Die neuen Vermieter hätten „ganz andere preisliche Vorstellungen“ und ein „hohes Verwertungsinteresse“, erklärt Diakonie-Vorstand Christoph Harvers. Man sei aber mit dem Investor und der Stadt im Gespräch, um über die Konditionen und die Fortsetzung der Stadtteilarbeit zu sprechen.
Ralf Hörsken bestätigt eine entsprechende Verabredung Ende kommender Woche. Die Stadt habe großes Interesse daran, die Gemeinwesenarbeit fortzusetzen, sagt er: „Ich mache solche Angebote nirgendwo kaputt. Im Gegenteil: Wir bauen neue auf“, sagt er. Für Beate Bogon, die Leiterin des „Treff 3“, ist die Fortsetzung dieser Arbeit genauso wichtig wie für den im Rheinparkcenter lebenden Stadtverordneten Michael Ziege (SPD). In dem Quartier am Rhein würden 1750 Menschen leben, aber es gäbe für sie keinen Treff, keine Kneipe, keine soziale Infrastruktur. Das Shopping-Center gleichen Namens sei kommerziell ausgerichtet und kein Ort, wo man Menschen aus der Nachbarschaft kennenlernt.
Ziege zählt mehrere Besitzerwechsel seit dem Auszug des Landesbesoldungsamtes vor sechs Jahren. Einer davon wollte dort Seniorenwohnungen schaffen. Die dafür erteilte Baugenehmigung soll nach Auskunft von Solidare nun abgewandelt werden. Ziel: eine gemischte Wohn- und Gewerbenutzung. Dem Vernehmen nach soll auch ein Fitnesscenter dort einziehen.
Das Haus Görlitzer Straße 3 war von der Stadt als Flüchtlingsunterkunft für 100 bis allerhöchstens 300 Menschen geprüft aber verworfen worden. Die Lage sei attraktiv, sagt Ziege, aber nicht für Studenten. Wer zur Universität Düsseldorf will, müsse zweimal umsteigen, nennt er einen Grund. Neu ist der Ruf nach Studentenwohnungen in Neuss aber auch nicht. Allerdings: Als die Stadt das Studentenwerk als Partner für ein solches Vorhaben gewinnen wollte, winkten die Düsseldorfer ab.