Letzter Gong für die Hauptschule
Von insgesamt sechs Haupt- und Realschulen, die bis 2018 schließen, macht die Hauptschule Weißenberg am 30. Juni den Anfang. Rektor Reinhard Hauke bedauert das und nennt Probleme des neuen Systems.
Nordstadt. Reinhard Hauke hat den Spaten aufbewahrt, mit dem der Bau der neuen Ganztagsschule Weißenberg begonnen wurde. Jetzt braucht er das Werkzeug genauso symbolisch: „Ich habe die Schule 1981 mitgegründet, war 16 Jahre lang ihr Rektor — und jetzt beerdige ich sie.“ Am 24. Juni entlässt er die letzten 32 Jugendlichen seiner Schule, deren Ende der Rat im Jahr 2010 beschlossen hatte.
ReinhardHauke, Leiter Hauptschule Weißenberg
Hauke hält die Entscheidung von damals auch in der Rückschau für falsch: „Wir waren eine sichere zweizügige Schule.“ Und er ist überzeugt, dass sich die Entscheidung auch künftig als falsch erweisen wird. Er wünsche den Gymnasien viel Erfolg, sagt Hauke — und schiebt mit Blick auf die Sekundarschulen nach: „Ich bedauere heute schon die Restschulen, die mit Support- und Differenzierungsklassen, Campus und weiterem Hochwertvokabular das Erbe der Haupt- und Realschulen angetreten haben.“
Von den sechs Schulen, über deren Ende schon geurteilt wurde, schließt die als erste Ganztagsschule im Rhein-Kreis Neuss gefeierte Hauptschule auf der Furth als erste. Am gleichen Tag ist auch in der Mildred-Scheel-Realschule Schluss, die inzwischen ebenfalls nur noch Untermieter in der Christian-Wierstraet-Realschule für Jungen ist. Dort gehen in zwei Jahren die Lichter aus, wenn in Neuss das Kapitel Hauptschulen, von denen es in ihren besten Tagen 14 Stück gab, endgültig endet. Von den Schulen „alten“ Typs wird es neben Gymnasien und Gesamtschulen nur noch die Realschule Holzheim geben.
Viele Schließungen wurden mit den sinkenden Schülerzahlen begründet, die wiederum Ausdruck des Elternwillens sind. Das akzeptiert Reinhard Hauke, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Er macht aber auch politisches Versagen, namentlich die tonangebende CDU-Fraktion, verantwortlich, die, so Hauke, die Hauptschule diskreditiert und so den „Elternwillen“ herbeigeführt habe.
Dabei galt die Hauptschule auf der Furth einmal als Vorzeigeschule. Wenn in der Vergangenheit zum Start landesweiter Schulprojekte eine Bühne gesucht wurde, fiel die Wahl nicht selten auf sie. „Leben ohne Qualm“ oder „Ready, steady, go!“, zählt Reinhard Hauke auf, der an diesen Tagen medienwirksam Staatssekretäre oder gar Minister durch seine Schule führen konnte. Am 30. Juni, wenn er als Rektor alle ehemaligen Kollegiumsmitglieder ins Hitch einlädt, will man aber keine Politiker (mehr) sehen und auch niemanden von der Schulverwaltung. Auch wenn sich gerade letztere bemüht habe, so Hauke, „aus dem Ratsbeschluss das Beste für uns zu machen“ — und der Schule den Umzug in einen anderen Ortsteil zu ersparen.
Auf der Furth sei die Ganztagsschule eine Institution, die den Auftrag, Kinder bis zur Berufsreife zu fördern, bis zuletzt erfüllen würde. Ob diese Jugendlichen in einem Zwei-Säulen-Modell mit Gesamtschulen und Gymnasien, wie es Bürgermeister Reiner Breuer anstrebt, besser aufgehoben sind, glaubt Reinhard Hauke nicht: „Es werden dort etliche Förder- und Differenzierungsmaßnahmen folgen müssen.“