Liebesqual ohne Mitgefühl: Aufführung „Sieben Sonette“ von John von Düffel
„Sieben Sonette“ von John von Düffel weiß nicht wirklich zu überzeugen.
Neuss. Auf einem offiziellen Empfang treffen sich die ehemaligen Schulkameraden Fabian (Stefan Schleue) und Mark (Rainer Scharenberg) nach über 20 Jahren wieder. Beide haben sich vollkommen geradlinig entwickelt: Der schon als Schüler eher biedere Fabian ist Jurist, verheiratet, hat eine halbwüchsige Tochter und ein hübsches Eigenheim in der Vorstadt. Aufschneider und Weiberheld Mark hat eine Journalistenlaufbahn eingeschlagen und wechselt die Frauen so oft wie seine Wohnorte.
Doch ihrer beider Welten sind im Zerfall begriffen: In Fabians Familienidyll ist der Teufel los. Seine Frau Katharina (Claudia Felix) betrügt ihn mit Benny (Richard Erben), dem Freund der Tochter Elena (Sigrid Dispert). Die ist ohnehin schon todunglücklich, da sie sich von ihren Eltern ungeliebt fühlt. Der alternde Hallodri Mark möchte zum ersten Mal in seinem Leben eine ernsthafte Beziehung zu der jungen Praktikantin Ariane (Melanie Vollmer) aufbauen. Die fühlt sich von ihm zwar eingeengt und bevormundet, schafft es jedoch nicht, sich aus dem goldenen Käfig zu befreien, den der gut verdienende Freund um sie herum gebaut hat.
Das Stück „Sieben Sonette“ ist eine Auftragsarbeit, die der Autor John von Düffel 2008 für das Alte Schauspielhaus Stuttgart schrieb.
Wie er selbst sagt, hat er die Vorauswahl der Sonette Shakespeares’ damals immer wieder gelesen und sich gefragt, welche Geschichte dahinter stecken und dahin führen könnte. Alle Querverbindungen, die sich dann beim Schreiben ergeben hätten, seien vielfältig. So wirken die eingeschobenen Rezitationen leider auch ein wenig beliebig. Sicher passt das Sonett 22, in dem der Verlust der Jugend besungen wird, auf die Verführungsszene zwischen der 40-jährigen Katharina und dem 19-jährigen Benni, richtig gut sitzen tut es aber nicht. Die Verse entfalten einfach nicht ihre sprachliche Wucht.
Obwohl man da auf der Bühne verzweifelten und einsamen Menschen bei ihren Kämpfen um Würde und Liebe zusieht, kommt keine rechte Empathie auf. Dies ist allerdings nicht den Schauspielern des RLT-Ensembles zum Vorwurf zu machen, sie spielen durchweg mit Leidenschaft und Einsatz. Dass der Abend nicht mehr ist als kurzweilig, liegt eher an den etwas zu klischeehaften, holzschnittartigen Charakteren, denen sich diese Empfindungen und Verse einfach nicht recht zuordnen lassen.