„Mein Grevenbroich“ beantragt die Einführung einer Sex-Steuer
Geld von Prostituierten und Bordellen soll in die Stadtkasse fließen.
Grevenbroich. Obwohl die Stadt nicht gerade bekannt für ihre Rotlichtviertel ist und das Nachtleben mit Übersichtlich umschrieben werden kann, soll in Grevenbroich eine Sex-Steuer eingeführt werden. Damit wird sich der Haupt-, Finanz- und Demografieausschuss am Donnerstag beschäftigen. Beantragt wurde die neue Abgabe von der Fraktion „Mein Grevenbroich“, die sich davon zusätzliche Einnahmen für die Stadtkasse erhofft. Aber nicht nur: „Die Steuer solle vor allem ein Regulativ sein“, sagt Vorsitzende Martina Suermann. Sie soll verhindern, dass sich weitere Bordelle oder ähnliche Etablissements in Grevenbroich — insbesondere im Bahnhofsviertel — ansiedeln. „Uns geht es dabei um ein positives Bild der Stadt“, meint Suermann.
Die „Steuer auf Vergnügen sexueller Art“ ist eine noch relativ junge kommunale Aufwandssteuer. „2010 wurde sie erstmals in Köln und Dorsten eingeführt, fünf Jahre später gab es bereits 42 Kommunen in NRW, die diese besondere Form der Vergnügungssteuer erhoben“, sagt Bürgermeister Klaus Krützen. Auch Dormagen und Kaarst zählen dazu.
Nach der Muster-Satzung, die am Donnerstag den Grevenbroicher Politikern vorgelegt wird, sollen Prostituierte, die in Bordellen, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs arbeiten, künftig sechs Euro pro Arbeitstag an die Stadtkasse abgeben. Auch die Betreiber solcher Etablissements will die Verwaltung zur Kasse bitten — nämlich mit täglich drei Euro pro zehn Quadratmeter Fläche.
Was das für die Grevenbroicher Stadtkasse bedeutet? „Noch unklar“, sagt Rathaussprecher Robert Jordan. „Wie hoch die möglichen Einnahmen sein können, muss noch ermittelt werden.“ Heißt: Die Stadt muss erst noch eine Bestandsaufnahme in Sachen Rotlicht starten.
Da werden die Beamten schnell bei Orhan Yilmaz landen, der nicht nur Spielhallen in Grevenbroich betreibt, sondern mit dem „Condor-Club“ auch einen Bordellbetrieb. Der Grevenbroicher zeigt sich kaum begeistert von dem Antrag. „Sollte die Sex-Steuer in einer Kleinstadt wie Grevenbroich kommen, kann ich meinen Laden dicht machen“, sagt er. Das neue Prostitutionsgesetz habe ihm bereits empfindliche finanzielle Einbußen beschert, mit der geplanten kommunalen Abgabe kämen weitere hinzu. Orhan Yilmaz warnt zudem davor, dass die Schwarz-Prostitution durch die neue Steuer gefördert werden könnte. „Straßenstrich, private Angebote — das alles ist nicht leicht zu kontrollieren. Ich frage mich, ob die Stadt das lieber hat als einen kernsanierten, sauber geführten Betrieb“, sagt er.
In Dormagen wurde die Sex-Steuer vor vier Jahren eingeführt — und dort war sie ein Rohrkrepierer. Nach den Plänen sollten durch die Abgabe jährlich mehr als 50 000 Euro in den kommunalen Haushalt gespült werden — doch das erwies sich als Fehleinschätzung. 2015 lag das Sex-Steueraufkommen bei Null. Aktuelle Zahlen konnte der Dormagener Rathaussprecher Harald Schlimgen gestern nicht nennen — meinte aber: „Nach meiner Kenntnis haben wir nicht allzu große Einnahmen gemacht.“ Das hänge damit zusammen, dass kurz nach der Einführung der Steuer ein größeres Bordell seine Tore schloss. Auf die Schlossstadt gemünzt: Damit wäre zumindest eines der von „Mein Grevenbroich“ gesteckten Ziele erreicht.