Misswahl statt Stadtrat
Am 9. Mai sitzt Ingo Stolz das letzte Mal im Rat. Die WZ sprach mit ihm über seine Zeit als Kommunalpolitiker und Zukunftspläne.
Neuss. In Allerheiligen ist er bekannt wie ein bunter Hund, dabei ist Rot seine bevorzugte Farbe: Seit mehr als 20 Jahren macht Ingo Stolz Politik für den Neusser Süden. Am 9. Mai wird der SPD-Ratsherr das letzte Mal im Stadtrat sitzen. Zur Kommunalwahl tritt der Sozialdemokrat nicht wieder an, um sein Direktmandat für den Wahlkreis 26 zu verteidigen. Nach drei Legislaturperioden will der 66-Jährige Zeit für Privates haben. Die WZ sprach mit Ingo Stolz über seinen Rückzug, politische Erfahrungen und Zukunftspläne.
WZ: Herr Stolz, der Parteivorstand hatte sie im Januar nur für Platz 20 statt wie zuvor Platz 7 der Reserveliste vorgeschlagen. War diese „Rückstufung“ der Grund dafür, dass Sie kurz vor der Aufstellungsversammlung das Handtuch geworfen und Ihre Kandidatur zurückgezogen haben?
Stolz: Sagen wir mal so, das hat meine Überlegungen, aufzuhören, beschleunigt. Vielleicht haben sie auch gedacht, wer den Wahlkreis direkt holt, braucht nicht unbedingt einen Top-Listenplatz.
WZ: Also schlichte Wahlarithmetik?
Stolz: Es hat niemand mit mir über die Listenplatzierung gesprochen. Das hätte ich erwartet. Manchmal muss man eine Tür zumachen, um eine neue aufzustoßen. Ich heiße Stolz und bin es auch.
WZ: Ohne Politik werden Sie doch unruhig. . .
Stolz: Ich arbeite weiterhin im Bezirksausschuss aktiv an örtlichen Themen und bin somit Mitglied der Neusser SPD-Fraktion.
WZ: Wer im schwarzen Neuss zwei Mal den Wahlkreis für die SPD zieht, wird nicht aus Zufall gewählt. Was war ihr Erfolgsrezept?
Stolz: Ich war durchgängig Sprecher der SPD-Ratsfraktion — für Planung und Verkehr, dann für Wirtschaft, zuletzt für Umwelt. Wenn man wollte, dass ich mich kümmere, dann tat ich das auch. Egal, ob es um die Entwicklung in Allerheiligen oder um eine lockere Gehwegplatte ging.
WZ: Wie war das im Jahr 2004, als erster Sozialdemokrat einen Wahlkreis in Neuss direkt zu gewinnen?
Stolz: An dem Abend habe ich gezittert. Aber irgendwie hatte ich im Urin, dass ich das gewinne. Das war ein toller Moment, eine Ausschüttung von Glückshormonen.
WZ: Worauf sind Sie in Ihrer Ratszeit besonders stolz?
Stolz: Als ich 1977 nach Allerheiligen gezogen bin, lebten hier 1000 Menschen, heute sind es 8000. Mit den Neubaugebieten kamen junge Familien, der Ort hat profitiert. Es ist ein gutes Gefühl, einiges mitgestaltet zu haben.
WZ: Auf dem Gebiet der Infrastruktur gibt es noch Nachholbedarf. . .
Stolz: Ja, das gilt für die Kita-Plätze genauso wie für die Schule. Ich bin überzeugt, dass meine politischen Forderungen, Grundschule, Bürgerzentrum und Rettungswache, in absehbarer Zeit erfüllt werden.
WZ: Was wird Ihnen fehlen?
Stolz: Die Wahlkämpfe, das strategische Denken, zusammen mit Mitstreitern für eine Sache einzustehen.
WZ: Ist es auch eine Erleichterung, aufzuhören?
Stolz: Sicher. Die politische Umsetzung dauert manchmal so lange, dass es einen zermürben kann. Ich denke da nur an die seit Jahren geforderte Linienführung der 841 über den S-Bahn-Halt Allerheiligen oder die Feuer- und Rettungswache. Das Ehrenamt ist eine tolle Sache. Aber es kostet auch viel Fleiß und Anstrengung. Da die Kraft begrenzt ist, entstehen Defizite.
WZ: Sind die Fronten zwischen den Parteien härter geworden?
Stolz: Meine Plakatserie gegen die Grünen im Jahr 2009 kam bei den Genossen nicht gut an. Mich hatte geärgert, dass die Grünen unnötig eine Zählgemeinschaft mit der CDU eingingen. Das war politische Prostitution. Bis heute glauben meine Genossen an eine mehrheitsfähige Koalition mit den Grünen. Doch mit diesen grün lackierten Schwarzen ist das nicht möglich.
WZ: Am 25. Mai kandidiert Ina Grothe (33) für die SPD im Wahlkreis Allerheiligen. . .
Stolz: Ja, sie hat meine volle Unterstützung und kann erfolgreich zu Ende führen, was ich angestoßen habe.
WZ: Was kommt nach der kommunalpolitischen Arbeit?
Stolz: Ich beschäftige mich jetzt mit schönen Frauen. Künftig werde ich als Chief Operating Officer für die World Beauty Association tätig sein. Mein Freund und ehemaliger Parteikollege Carsten Mohr hat mich gefragt, ob ich nicht bei „Miss Supranational“ einsteigen wolle. Das Unternehmen organisiert weltweit Schönheitswettbewerbe und ist mittlerweile die Nummer Drei nach Miss World und Miss Universe. Im August geht es zum Austragungsort nach Indien. Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen.