Museum räumt mit Römer-Mythen auf

Zum Internationalen Museumstag erwarteten Besucher im Clemens-Sels-Museum viele Aktionen.

Foto: woi

Neuss. Zehn Meter hoch und äußerst farbenfroh ragt die Trajan-Säule im Treppenauge des Clemens-Sels-Museums empor. Das Abbild der im Original 40 Meter hohen Säule hat der Kölner Archäologe Richie Pogorzelski erstellt. Das Monument wurde 112 nach Christus zu Ehren des römischen Kaisers Trajan in Rom errichtet und steht dort heute immer noch, jedoch farblos.

„Rom war früher bunt — allerdings hat die Farbe auf den antiken Skulpturen nicht überdauert“, erklärt Archäologe und Kurator Carl Pause, der junge und ältere Besucher gestern am Internationalen Museumstag durch die besonders farbenfrohe Sonderausstellung „Römer zum Anfassen — Mythos und Fakten“ führt. Noch bis zum 10. Juni ist die Ausstellung zu sehen.

„In den sogenannte Sandalenfilmen, die zur Römerzeit spielen, bediente man sich eher Mythen als historischen Dokumenten, um Kleidung oder Kampfszenen darzustellen“, bemerkt Pause. Unter dem Motto „Fakten statt Mythos“ zeigt die Ausstellung beispielsweise einen Einbaum aus Pappelholz, einen Wurfspeer, eine Furca, womit die Legionäre Proviant, aber auch Kochgeschirr, getragen haben, ein Pfeilgeschütz und mehrere Schuppenpanzer, die gemäß der bildlichen Darstellungen so präzise wie möglich nachgebaut wurden, um den Besuchern einen Eindruck vom Leben und Krieg führen der Römer zu gewähren.

Wie die Römer gemalt haben, weiß Diplom-Designer Jan Hochbruck alias „Titus Iulius Tercius“, wie er sich, in Toga und braunen Sandalen gekleidet, den Interessenten seiner „römischen Malschule“ vorstellt. An einem langen Holztisch nehmen sechsjährige Kinder, aber auch Erwachsene Platz. In einer Tonschale rührt „Tercius“ eine Tempera an, eine einfache Malfarbe, bei der Ei, Leinöl und Wasser mit erdfarbenen Farbpigmenten vermischt werden. Mit der schnell trocknenden Naturfarbe färben seine „Schüler“ nun die blassen Römer auf ihren Bildvorlagen olivgrün, ockerfarben und fuchsbraun ein. Auch Action-Fans kamen in der Römerzeit sicherlich nicht zu kurz. Das zeigt der Neusser Gladiatorentrainer Olaf Küppers. Zum Museumstag schlüpft er mit Kampfschülern in die Kluft der Gladiatoren — Helm, Gesichtsschutz, Beinschutz aus Bronze oder Eisen, Stoffpolster am Waffenarm, Schild und Schwert — und demonstriert, wie der Kampf der mutigen Männer abgelaufen sein könnte. „Die Gladiatoren trugen nicht, wie oft dargestellt, Sandalen“, erklärt Küppers. „Arena bedeutet ,Sand‘ — darauf wurde barfuß gekämpft.“

Was die Schützen früher trugen — und wie sie sich heute kleiden — erfuhren die Besucher im Schützenmuseum. Etwas Besonderes hatte sich Museumsleiterin Britta Spies für die Kinder überlegt: Sie konnten das Neusser Schützenwesen während einer spannenden Zeitreise entdecken, die vor 600 Jahren begann, mit einer Urkunde von 1415. Beim Gang durch die Jahrhunderte begegneten sie auch einem Orden, den sich der Schützenkönig von 2001 mit einer Lokomotive bedrucken ließ.