Neubauten am Römergraben
Untersuchungen vor Bebauung an der Kölner Straße haben den Verlauf des ältesten Wallgrabens erwiesen.
Neuss. Ihr 2000-jähriges Bestehen feierte die Stadt Neuss im Jahr 1984. Damit das auch genau hinkam, legte man die Gründung des ersten Römerlagers in Gnadental auf 16. v. Chr. fest. Ganz sicher ist das nicht, der Zeitraum aber stimmt. Einen Wallgraben dieses ersten Lagers konnten die städtischen Archäologen im vergangenen Jahr auf einer Freifläche hinter der Kölner Straße nachweisen. Jetzt soll dort gebaut werden — und der Wallgraben „herausgearbeitet“, durch eine Mulde erlebbar gemacht werden.
Der Stolz auf die römische Geschichte, die Neuss zu einer der ältesten Städte Deutschlands macht, ist im früheren Novaesium ungebrochen. Dabei sind es vor allem Rekonstruktionen und Computeranimationen der späteren großen steinernen Lager, die im Gedächtnis bleiben.
Für die Historiker noch spannender ist das erste Lager A: Im Zuge der Drususfeldzüge gelangten Legionäre hier an ihren nördlichsten Punkt. Eine Römerstraße — die damals einzige nach Norden — verband Marseille über Trier mit dem Neusser Lager. Von dort aus wurde die Okkupation Niedergermaniens in die Wege geleitet.
Eine halbe Legion, etwa 3000 Mann, nahm dieses erste Neusser Holz-Erde-Lager auf. Die Stadtarchäologin Sabine Sauer erläutert die Unterschiede zum späteren Castrum Novaesium: Dieses Marschlager bestand aus doppelten Grabenanlagen von insgesamt 14 Metern Breite. Der Aushub für die Gräben wurde wahrscheinlich von innen als Wall aufgeschüttet und befestigt. Die Legionäre waren auf dem etwa 14 Hektar großen Lager in Zelten untergebracht.
Die Existenz dieses ersten Neusser Lagers ist seit Grabungen aus den 1950er bis 70er Jahren bekannt. Als nun Überlegungen anstanden, das Grundstück an der Kölner Straße westlich der Dunant-straße zu bebauen, gingen die Archäologen ans Werk — und wurden tatsächlich fündig. So ist nun an dieser Stelle erstmals der Nachweis für den Wallgraben erbracht.
Dieser Nachweis beschäftigte jetzt auch den Planungsausschuss. Er gab grünes Licht für die Aufstellung eines Bebauungsplans, der eben diesen Bereich umfasst. Ein Investor und das DRK wollen auf der 6650 Quadratmeter großen Fläche — nach Abriss von zwei leerstehenden Wohnbauten und einem Lagerschuppen — vier zweigeschossige Häuser bauen.
Der römische Graben soll auf einer öffentlich zugänglichen Freifläche über einer Länge von etwa fünf Metern als Mulde dargestellt werden und „erlebbar“ sein: Die Mulde liegt noch über dem historischen Graben. Sabine Sauer freut der Plan: „Das wird der erste Versuch in der Stadt, sich diesem frühesten Römerlager zu nähern.“