Neuss ist Zuflucht für fast 1400 Flüchtlinge
100 neue Plätze entstehen am Berghäuschensweg. Die Bearbeitung eines Asylantrags dauert etwa sieben Monate.
Neuss. Im Wohnzimmer stehen zwei Sofas und ein Schrank, an der Wand hängt ein Bild mit einem Berg-Panorama. Das Schlafzimmer ist mit einem Etagen- und einem Einzelbett möbliert. Auf einem Spind sind mehrere Koffer gestapelt. „Mein Bruder und ich schlafen hier“, sagt der elfjährige Damir. (Name geändert) und zeigt auf das Doppelstockbett. „Meine Schwester da drüben“ — im Einzelbett. Die Eltern nächtigen im Wohnzimmer.
Seit anderthalb Jahren lebt die Familie aus dem Kosovo im städtischen Flüchtlingswohnheim an der Bergheimer Straße. Sie gehört zu den fast 1400 aus der Heimat Geflüchteten, die mittlerweile in Neuss wohnen — die 400 Plätze in der Landesunterkunft im ehemaligen Alexianer-Krankenhaus nicht eingerechnet. Die Verweildauer der Menschen dort beträgt immer nur wenige Tage für die Erstaufnahme.
130 Flüchtlinge aus zehn Nationen leben in dem Familienwohnheim in der Pomona. Insgesamt gibt es in den drei städtischen Unterkünften rund 270 Plätze. Dazu gehören noch ein Heim am Derendorf — ebenfalls für Familien — sowie ein Haus am Berghäuschensweg nur für Männer. Dort wird zurzeit ein neues Wohnheim mit 100 Plätzen gebaut, weil sich die Stadt auf steigende Flüchtlingszahlen einstellt. Ende dieses Jahres soll das Haus fertig sein.
Etwa sieben Monate dauert es nach Auskunft des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, bis ein Asylantrag bearbeitet ist. Wird er abgelehnt, sei es Ländersache, ob eine Abschiebung der Betroffenen in die Heimat erfolge oder nicht. Der Stadtverwaltung Neuss zufolge leben 250 Personen in der Quirinusstadt, die beispielsweise wegen Krankheit, Familiensituation oder den Bedingungen im Heimatland nicht abgeschoben werden können. Hinzu kommen Flüchtlinge aus Kriegsgebieten (Genfer-Konventions-Flüchtlinge) oder aus Ländern, zu deren Aufnahme sich Bund oder Land verpflichtet haben (Kontingentflüchtlinge).
„Die Menschen, die hierher kommen, haben alle ein schweres Schicksal gehabt“, sagt Susanne Benary-Höck, Sprecherin der Neusser Grünen. „Wir müssen ihnen eine neue Heimat geben.“ Übergriffe von Wachleuten, wie sie jetzt in den Unterkünften des Landes — auch in Neuss — untersucht werden, seien nicht akzeptabel. Die Grünen haben deshalb für den nächsten Kreisausschuss einen Antrag auf Bericht über die Vorfälle gestellt.