Neue Erkenntnisse in Neusser Stadtgeschichte Wo begann der Bau vom Quirinus-Münster wirklich?

Neuss · Das Quirinus-Münster ist seit über 900 Jahren ein echtes Wahrzeichen von Neuss. Wo der Bau der Kirche genau angefangen hat, blieb bisher ungeklärt. In seiner Dissertation widmet sich Cornelius Hopp genau dieser Frage – und teilt neue Erkenntnisse im Stadtarchiv.

Buchautor Cornelius Hopp (r.) mit Archivleiter Metzdorf.

Foto: Foto: Judith Michaelis (jumi)

Für Neuss ist das Quirinusmünster das Wahrzeichen der Stadt, sogar identitätsstiftend, wie Stadtarchivleiter Jens Metzdorf es beschreibt. Bislang wurde in der Literatur und der Forschung viel darüber diskutiert, wo mit dem Bau begonnen wurde. „Genau an diesem Punkt wollte ich mit meinem Projekt ansetzen“, sagt Kunsthistoriker Cornelius Hopp. Der einzige Anhaltspunkt für seine Recherche war eine Inschrift, die belegt, dass der Bau im Jahr 1209 startete. Auf 448 Seiten erklärt Hopp, der beim Landesamt für Denkmalpflege in Hessen arbeitet, wie er vorgegangen ist – und welche Neuheiten sich ergeben haben.

Laut Hopp sind die Emporen und deren Aufgänge nämlich nicht von Anfang an vorgesehen gewesen, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt eingearbeitet worden. Somit kommt er zu dem Schluss, dass ein bestehender Westbau in den Kirchenbau integriert wurde. Dieser Grundstein aus dem Jahr 1209 müsse sich dann auf den Baubeginn im Osten mit dem Altarbereich als „heiligen Ort“ beziehen. Hopp vertritt außerdem die These, dass sich Neusser Baumeister auf den Limburger Dom beziehen. Der sei älter als bisher gedacht, das hätte die moderne Holz-Untersuchung (Jahresringe) ergeben. In Limburg sei ab 1190 gebaut worden.

Nicht nur zu der Inspiration findet Hopp klare Worte: Als spätromanische Kirche diene St. Quirin als Vorlage für andere sakrale Bauten im Rheinland. Beispielhaft nannte er St. Vitus in Mönchengladbach oder St. Suitbertus in Kaiserswerth oder auch verschiedene Bauten in Xanten. „Das Quirinus-Münster spielt somit in einer hohen Liga, die in der Kunstgeschichte und der Architektur sehr bedeutend sind“ , sagt Doktorvater Klaus Gereon Beuckers von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Für Beuckers sei das Buch von Hopp ein echter Neuanfang, der Diskussionen anregen wird. „In der Vergangenheit wurde immer gesagt, dass die Kirche von einem Übergangsstil geprägt sei, dem ist aber nicht so“, betont Beuckers. Auch wenn diese Annahme eine Berechtigung habe, sei das Quirinus-Münster viel mehr ein Kombinationsprojekt. „Zwischen den Säulen und auch den verschiedenen Bauelementen ist kein direkter Übergang“, so Hopp. Man habe in der Forschung jedoch immer einen negativen Blick darauf gehabt, weshalb der Grund dafür nie weiter hinterfragt wurde. „Wir müssen Kunstwerke wie diese und ihre Geschichte viel mehr zu schätzen wissen“, sagt Beuckers. Erst dann würde man neue Perspektiven ermöglichen, die Lücken in der Forschung aufzeigen.

Das Buch mit dem Titel „St. Quirin in Neuss und die kölnisch-niederrheinische Baukunst im späten 12. und frühen 13. Jahrhundert“ ist nun erschienen. Unterstützt wurde das Werk von Stiftungen, Institutionen und Vereinen aus der Stadt und dem Rhein-Kreis Neuss. Unter anderem von dem Kreisheimatbund und der St. Quirinus Schötzejeselle Neuss. „Für dieses Projekt haben wir eine Fördersumme gewählt, die wir vorher noch nie hatten“, sagt Beate Pricking, Präsidentin des Kreisheimatbundes. Sie sei dankbar für die klaren Neuerkenntnisse, die für alle Menschen in und um Neuss von Bedeutung sind. In Planung sei aktuell, die Daten und Ergebnisse für alle digital zugänglich zu machen.

(yak)