Marie-Curie-Gymnasium Neuss Schüler ziehen vom Labor-Container in neue Räume
Neuss-Nordstadt · Als letztes städtisches Gymnasium hat das „Marie-Curie“ einen modernen naturwissenschaftlichen Trakt bekommen. Zwölf Jahre musste die Schulleiterin darauf warten, jetzt wurden die Räume vorgestellt.
Wer abergläubisch ist, hätte diesen Termin für eine Einweihungsfeier sicher gemieden. Aber für Aberglauben ist in dem Gebäude, das an diesem Freitag den 13. offiziell seiner Bestimmung übergeben wurde, absolut kein Platz. Hinter den geklinkerten Fassaden geht es nur um die Wissenschaft, genauer: um Naturwissenschaften. Und angesichts des Erreichten war Schulleiterin Emmy Trässel fast getröstet, dass das Marie-Curie-Gymnasium die allerletzte Penne in Neuss ist, der die Stadt ein naturwissenschaftliches Gebäude finanziert hat.
Der Name ist eingängig, erklärt sich aber nicht von selbst: „Curium“ heißt der einstöckige Komplex aneinandergebauter aber miteinander verbundener Abteilungen. Curium wie das künstlich erzeugte chemische Element „Cm“, das nach den Forschern Marie Curie, der Namensgeberin des Gymnasiums in der Nordstadt, und Pierre Curie benannt wurde. Die Endsilbe „um“ passe auch gut zu Begriffen, mit denen Gebäude bezeichnet werden, ergänzte Trässel. Das Romaneum ist ja auch so ein Fall. Zudem könne man aus der Ordnungszahl 96, die dem Curium im Periodensystem zugewiesen ist, das Gründungsjahr der Schule ableiten – man muss die Ziffern nur umdrehen.
Das zweite städtische Mädchengymnasium, das 1969 auf Beschluss des Rates gegründet wurde, hat mit der heutigen Schule nicht mehr viel gemein. Die ist nicht nur längst koedukativ, sondern eine Europaschule, die einen bilingualen Zweig anbietet aber auch stark in den Mint-Fächern – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik – ist. Zudem kann das „Curie“ den aktuell 875 Schülern anbieten, parallel zum Abitur eine Ausbildung zum Chemisch-Technischen Assistenten zu machen.
Diese Besonderheit und der Ehrgeiz, Kinder und Jugendliche für die Naturwissenschaften begeistern zu wollen, passte gar nicht mehr zu den technischen Möglichkeiten der Schule. Einen naturwissenschaftlichen Trakt gab es, natürlich. Aber der war schon deutlich sanierungsbedürftig, als Tressel vor zwölf Jahren an die Schule kam, und konnte bei ihr nur mit einem, so die Rektorin, „Feuerzangenbowle-Charme“ punkten. Wer den 1944 gedrehten gleichnamigen Film mit dem Schüler Pfeiffer („mit drei f“) kennt, hat da gleich ein Bild vor Augen.
Aber der Gebäudekomplex an der Jostenallee ist ja auch alt. Von Stadtbaumeister Carl Sittel noch im Kaisserreich für das Königlich-Preußische Lehrerseminar entworfen, war es ab 1916 auch als Präparandenanstalt genutzt worden. So hießen „Anstalten“, die auf den Besuch eines Lehrerseminar vorbereiten.
Für das Team des Kölner Büros „Synarchitekten“ bestand denn auch ein besonderer Reiz darin, bei der Sanierung die Bausubstanz der nach dem Zweiten Weltkrieg hinzugefügten Flachbauten zu sanieren und dabei den, wie es Jörg Golly formuliert, „ursprünglichen Werkstattcharakter“ zu erhalten.
In diesen „Schuppen“ zog in den vergangenen zweieinhalb Jahren modernste Technik ein. Kreidetafeln sucht man vergeblich, alles ist digital, funktional und hell. Beste Arbeitsbedingungen für die Schüler und mehr als ein Dutzend naturwissenschaftliche Fachlehrer, mit denen das „Curie“ die volle Stundentafel abbilden kann.
Jörg Geerlings, der als stellvertretender Bürgermeister gratulieren kam, staunte: Marie Curie wäre sicher glücklich zu sehen, wie hier ihre Gedankenwelt gelebt wird. Und auch Doris Mause, die bei der Bezirksregierung für den Rhein-Kreis zuständige Schuldezernentin, zeigte sich beeindruckt. Sie freue sich über eine wunderbar ausgestattete Schule, deren Lehrpläne Ziele wie Kompetenzen ausweisen.
Bis der Trakt bezugsfertig war, mussten Schüler und Kollegium viel Geduld beweisen. 2017 lagen erste Pläne vor, da hatte das Gebäudemanagement der Stadt als Bauherr die anfangs diskutierte Option „Abriss und Neubau“ schon verworfen. 2019 wurde ein Labor-Container aufgestellt, damit die CTA-Ausbildung garantiert werden konnte. Damit begann der eigentlich Umbau, der in 14 Monaten über die Bühne gebracht werden sollte, dann aber doch zweieinhalb Jahre dauerte. Jahre, so Tressel, in denen die Naturwissenschaften in Klassenräumen unterrichtet wurden und „Experimentieren fast unmöglich war“.
Die Räume sind fertig, aber die Schränke fast leer. Die Stadt wird für Unterrichtsmaterial noch einmal Geld locker machen müssen.