Neuss will Heimatpreis vergeben

Im Rahmen des Landesprogramms „Heimat. Zukunft. Nordrhein-Westfalen“ können ehrenamtliche Bürger in einem Wettbewerb Projekte zur Stärkung der Heimat entwickeln.

Foto: ki-/woi/Endermann

Neuss. Das Land stellt bis 2022 mehr als 100 Millionen Euro zur Verfügung, um Ideen zur „Gestaltung von Heimat vor Ort“ zu fördern. Da macht Neuss mit. Monate bevor das Landesministerium für Heimat und Kommunales seine Förderrichtlinien konkretisiert, verständigten sich die Ratsfraktionen mehrheitlich darauf, einen Heimatpreis ausloben zu wollen und über eine Heimat-Werkstatt den Aufbau von nachbarschaftlichen Strukturen in der Nordstadt anzugehen. Die weiteren Vorbereitungen wurden der Verwaltung übertragen und von Bürgermeister Reiner Breuer gleich mit einem Vorrangstatus versehen: „Heimat ist Chefsache“.

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Mit diesem Übereinkommen stellt Neuss beim Land schon mal „einen Fuß in die Tür“, wie es die Stadtverordnete Monika Mertens-Marl als Vorsitzende der CDU-Nordstadtkonferenz bezeichnet. Sie möchte über ein solches Werkstattverfahren etwas initiieren, was „ein Wir-Gefühl auf der Furh erzeugt“. Die Nordstadt biete sich deshalb dafür an, weil sie ein besonders heterogener Teil der Stadt ist. Mertens-Marl nennt das: „Die ganze Welt einer Großstadt in einem Stadtteil“. Aber eine Welt, der es auch deshalb an Zusammenhalt fehle. Das Landesprogramm sei deshalb der Furth „wie auf den Leib geschneidert“, sagt Mertens-Marl.

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Fördern, was Menschen verbindet: Diesen Leitgedanken hat Landes-Heimatministerin Ina Scharrenbach dem neuen Förderprogramm vorangestellt. „Konkret heißt das für uns“, sagt der SPD-Fraktionsvorsitzende Arno Jansen, „in einer älter werdenden Gesellschaft, in der alte Familienbande nicht mehr existieren, Menschen das Gefühl von Geborgenheit und Vertrautheit in ihrem Wohnumfeld zu geben“. Denn immer mehr werde die Nachbarschaft „zur Familie des Alters“. Politik könne an genau diesem Punkt ansetzen und Versorgungs- wie auch Beratungsangebote erarbeiten oder barrierefreiem Wohnraum schaffen. Heimat sei eben nicht nur Brauchtum oder der „Förster vom Silberwald“, sondern, so Jansen, „betrifft auch die Quartiersbildung und damit den Bereich Bauen und Planen.“

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Monika Mertens-Marl, Vorsitzende der CDU-Nordstadtkonferenz

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Dass die CDU die Heterogenität der Nordstadt als Argument angeführt hat, keinen „Bezirksausschuss Nordstadt“ zu etablieren, habe man hinnehmen müssen, sagt der Stadtverordnete Heinrich Thiel. Dass mit dem gleichen Argument nun eine HeimatWerkstatt angestoßen wird, ärgere ihn. Die Zukunftswerkstatt sei ein gutes Projekt, aber „kein echter Fortschritt“. Denn wo könnten Belange der Furth mit Beteiligung der Nordstädter politisch besser behandelt werden, als in einem eigenen Bezirksausschuss, fragt er.

Das sieht Mertens-Marl anders. Sie will örtliche Vereine wie die Schützen und die Sportvereine, den Initiativ- und den Werbekreis, Wohlfahrtverbände, Migranten und Kirchen — inclusive der jüdischen und der alevitischen Gemeinde — an einen Tisch bekommen, um gemeinsam über die Frage nachzudenken, wie die Nordstadt mit ihren 40.000 Bewohnern in Jahren und Jahrzehnten aussehen soll. Ein erhoffter Nebeneffekt: „Die mitunter abwertend verwendete Bezeichnung ,henger de Bahn´ durch eine neue, positive Marke zu ersetzen“, ergänzt dieVorsitzende der CDU-Nordstadtkonferenz.

Neben den Werkstätten, die die die SPD nicht auf die Nordstadt beschränkt sehen will, wollen die Sozialdemokraten aus dem Baukasten des Landesprogrammes auch das Element Heimat-Scheck anwenden. Damit sollen landesweit 1000 Vereine und Initiativen mit ihren Heimat-Projekten ganz unbürokratisch mit jeweils 2000 Euro unterstützt werden. Jansen denkt dabei auch an eine Förderung der Sportvereine. Einig sind sich die Parteien, einen Heimatpreis ausloben zu wollen. Die Kriterien dazu werden nun entwickelt.